WIRTSCHAFT
Coronakrise: Norwegen überweist sich 38 Milliarden Euro aus seinem Staatsfonds
Stockholm, 12. Mai, AZERTAC
Norwegen überweist sich angesichts der enormen Kosten der Coronakrise eine Rekordsumme aus seinem billionenschweren Staatsfonds. 419,6 Milliarden Kronen, umgerechnet rund 38 Milliarden Euro, sollten in diesem Jahr abfließen, teilte das Finanzministerium in Oslo mit. Dies entspricht 4,2 Prozent des am 1. Januar ermittelten Wertes des weltgrößten Staatsfonds. Die Regierung darf die Obergrenze für Entnahmen aus dem gut gefüllten Topf von drei Prozent nur in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten brechen.
Das Land kann sich die Entnahme sehr gut leisten - denn der Fonds hatte allein im vergangenen Jahr eine Rendite von 180 Milliarden Dollar erwirtschaftet und war zu Jahresbeginn insgesamt 1,1 Billionen Dollar wert. Auf jeden Einwohner Norwegens kam also im vergangenen Jahr ein Wertzuwachs von 34.000 Dollar. Zwar verlor der Fonds zu Beginn der Coronakrise im Zuge der Kursverluste an den Börsen zwischenzeitlich mehr als 110 Milliarden Euro an Wert, inzwischen haben die Aktien weltweit jedoch wieder deutlich zugelegt.
Überraschend Nullzinspolitik eingeführt - "Um den wirtschaftlichen Folgen des Virusausbruchs entgegenzuwirken, hat die Regierung in mehreren Runden weitreichende Maßnahmen eingeführt", teilte das Finanzministerium nun mit. So sollen zusätzliche Arbeitslosenunterstützung, Hilfen für Unternehmen und Investitionsanreize für die Ölindustrie finanziert werden.
Der Fonds, der sich aus den Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft speist, ist etwa dreimal so viel wert wie die jährliche Wirtschaftsleistung Norwegens. Seine Erträge sichern den umfangreichen Wohlfahrtsstaat ab. Der Fonds hält Beteiligungen an mehr als 9000 Unternehmen weltweit und besitzt 1,5 Prozent aller globalen börsennotierten Aktien.
Die norwegische Zentralbank hat vergangene Woche wegen der drohenden Corona-Rezession überraschend eine Nullzinspolitik beschlossen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte der Notenbank zufolge in diesem Jahr um etwa fünf Prozent einbrechen. "Das ist ein Rückgang in einer Größenordnung, wie wir ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben", sagte Zentralbank-Gouverneur Øystein Olsen. "Es wird wahrscheinlich einige Zeit dauern, bis Produktion und Beschäftigung wieder das Niveau vor der Pandemie erreichen."