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GP ASERBAIDSCHAN 2017 (ERGEBNIS 2. TRAINING)
Baku, 24. Juni, AZERTAC
Es war ein ereignisreiches zweites Training zum GP Aserbaidschan 2017. Mit 27 Drehern oder Ausflügen in die Auslaufzonen und zwei Unfällen. Die Schlusspointe setzte Max Verstappen. In seiner allerletzten Runde verunfallte der Niederländer in der ersten von 20 Kurven des Baku City Circuit.
Der 19-jährige Wunderknabe hatte sich zunächst verbremst und wollte seinen RB13 in der Auslaufzone mit dem Restschwung wenden. Verstappen hätte es lieber unterlassen. Gerade als er sein Auto nach rechts geworfen hatte, verlor der WM-Sechste die Kontrolle und ritt mit der linken Fahrzeugseite in die Schutzmauern. „Ich habe das Auto beim Umdrehen einfach verloren.“
Red Bull behauptet Spitze
Angesichts des Trainingsergebnisses dürfte Verstappen das Malheur verschmerzen. Red Bulls Musterschüler behauptete auch in den zweiten 90 Minuten die Führung. Diesmal jagte er in 1:43.362 Minuten um die 6,003 Kilometer. Damit steigerte sich Verstappen um über eine Sekunde verglichen mit dem ersten Training. Auf die Pole-Marke von Nico Rosberg. 2016 fehlten ihm noch rund sechs Zehntel. Verstappen fand schnell Rhythmus und Setup. „Die Korrelation zwischen Simulator und Strecke passt wieder viel besser als zu Saisonbeginn“, lobt der 19-Jährige.
Teamkollege Daniel Ricciardo durchlebte einen reibungslosen Nachmittag in Baku. Der Australier büßte 0,111 Sekunden auf Verstappen ein. Eine Wiederholung der Red Bull-Doppelspitze verhinderte Valtteri Bottas. Der Mercedes-Pilot umrundete den Kurs eine Zehntel langsamer als das Auto mit der Startnummer 33. Dahinter sortierten sich Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel ein, der ein ums andere Mal neben die Ideallinie geriet, ohne seinen SF70H zu beschädigen.
Das Ergebnis ist eine Überraschung. Vor dem Wochenende hatte kein Experte darauf gesetzt, dass Red Bull schneller als Ferrari und Mercedes sein würde. Allerdings gibt es einige Unbekannte. Die da wären: Benzinmenge, Leistungsmodus und Setup. Wer schnell das richtige findet, fasst Vertrauen, was auf dem schnellen und gleichzeitig winkeligen Kurs begünstigt. Es ist bekannt, dass sowohl Mercedes als auch Ferrari am Samstag noch zulegen können. Weil man dann die Motoren aufdreht. Kann Red Bull mit dem Software-Update für den Renault-V6 gegenhalten. Das wird der Quali-Samstag klären. Verstappen jedenfalls zeigt sich angesichts der bisher gezeigten Performance überrascht. „Natürlich hat das Motor-Update was gebracht. Aber dass es so viel ist und wir hier so gut sind, hätten wir nicht erwartet.“
Hamilton mit schnellster Bahn auf Soft
Lewis Hamilton mischte gar nicht im Vorderfeld mit, sondern erreichte nur den zehnten Rang. Allerdings war der dreifache Weltmeister und dreifache Saisonsieger einer der wenigen Piloten, die ihre schnellste Bahn auf Softreifen statt der Supersofts drehten. Der Run mit der weichsten Pirelli-Mischung für Baku missglückte Hamilton. Entweder musste er durch Dreher der Konkurrenz verlangsamen oder baute eigene Fehlerchen ein. Die Pirelli-Kleber scheinen auch in Aserbaidschan länger haltbar zu sein. Die Reifen erlaubten es den Fahrern, mehrere schnelle Bahnen aneinander zu reihen.
Hinter den drei Topteams bahnt sich ein Zweikampf zwischen Williams und Force India an. Lance Stroll nahm den Schwung von Montreal mit und erkämpfte sich den sechsten Rang. Vor Sergio Perez, dessen Force India bereits nach gut 20 Minuten wieder mitwirkte. Im ersten Training war der Mexikaner noch in Kurve acht verunfallt und hatte sein Auto schwer beschädigt. Toro Rossos Daniil Kvyat hing als Achter Stroll und Perez im Diffusor. Es folgte mit Esteban Ocon der zweite Force India.
Palmer fliegt ab
Renault und HaasF1 erlebten dagegen einen schwächeren ersten Trainingstag. Nico Hülkenberg kam trotz Updates nicht über den 15. Rang hinaus. „Seine schnellste Zeit erzielte er auf Softreifen. Mit dem Supersoft wäre Platz 11 dringelegen“, sagte Renault-Einsatzleiter Alan Permane. „Um ehrlich zu sein sind Williams und Force India für uns hier zu schnell.“ Jolyon Palmer legte seinen R.S.17 in Kurve acht ab. HaasF1 beflügelt der neue Heckflügel noch nicht. Bei McLaren gab es wieder Mal Probleme. Nach 35 Runden oder 210 Kilometer am Freitag rauchte der Honda-V6 im Heck des MCL32 von Fernando Alonso. Der Spanier schob die Schuld direkt auf den Motor. Teamchef Eric Boullier klärte später auf. „Das Getriebe ging kaputt.“ Viel zu erwarten ist von McLaren an diesem Wochenende auf dem Hockenheimring - Jetzt mitmachen und gewinnen! nicht. Alonso und Stoffel Vandoorne werden aufgrund neuer Turbolader und Elektrokomponenten (MGU-H) ohnehin um 15 Plätze zurückgestuft.
Sauber nahm mit Pascal Wehrlein und Marcus Ericsson die Ränge 18 und 19 ein.
Verstappen vorn, Perez crasht
Dieses Ergebnis erlebte die Formel 1 in den Jahren 2010 bis 2013 öfters: zwei Red Bull an der Spitze. Mit Einführung der V6-Hybridmonster war es allerdings vorbei mit der Dominanz des österreichisch-englischen Rennstalls. Seit 2014 feierte der einstige Seriensieger nur noch fünf GP-Siege. Im ersten Freien Training zum GP Aserbaidschan weckten die Red Bull-Piloten Erinnerungen an alte Zeiten.
Renault-Update für Red Bull
Max Verstappen meisterte die 20 Kurven des Baku City Circuit in 1:44.410 Minuten. Keiner war schneller in den ersten 90 Minuten. Teamkollege Daniel Ricciardo reihte sich mit einem Rückstand von 0,470 Sekunden auf dem zweiten Rang ein. Beide Red Bull schnallten nach anfänglichen Runden auf der Medium-Mischung für ihre Attacke die Supersofts aufs Auto. Red Bull hat den RB13 für das Rennen am Kaspischen Meer auf der Chassis-Seite aktualisiert. Motorenpartner Renault spielte neue Software-Codes auf, um den V6-Turbo zu verbessern. Das erfordert keinen Tausch der Antriebseinheit.
Sebastian Vettel und Ferrari konzentrierten sich bei ihrer Arbeit hingegen auf den Softreifen. Der dreifache Saisonsieger verlor auf seinem schnellsten Umlauf auf dem 6,003 Kilometer langen Kurs etwas mehr als eine halbe Sekunde auf die Bestmarke. Die gelbmarkierten Gummis sollten auf dem Baku-Stadtkurs auf einen Umlauf gesehen langsamer sein als die Supersoft-Garnitur. Auch Garagennachbar Kimi Räikkönen sparte sich die weichste Mischung an diesem Wochenende für die erste Übungseinheit auf. Im Vergleich zu Vettel fiel der Iceman bei 27 Grad Außentemperatur um über 1,1 Sekunden ab. Es reichte für den Finnen nur zum zehnten Platz.
Perez schrottet Force India
Mercedes rüstete seine beiden Lenkradakteure in der ersten Session bereits mit den Supersofts aus. Lewis Hamilton glückte darauf aber keine Zeitenverbesserung. Der dreifache Weltmeister büßte auf WM-Rivale Vettel, von dem ihm nach sieben Läufen 12 Punkte trennen, 99 Tausendstel ein. Valtteri Bottas reihte den Mercedes W08 mit der Startnummer 77 auf dem sechsten Platz ein.
Beide Silberpfeile landeten hinter Sergio Perez, der seine flotte Gangart 20 Minuten vor Trainingsende bezahlte. Der Vorjahresdritte räuberte zu hart über den inneren Kerb von Kurve acht. Der Randstand hebelte den Force India kurz aus und der Mexikaner knallte mit der rechten Fahrzeugseite voran in die TecPro-Schutzmauer auf der Kurvenaußenseite. Beim Aufprall riss es das rechte Vorder- und Hinterrad ab. Letzteres löste sich gar vom Sicherheitsseil.
Der zweite Mann im Team mit dem rosa VJM10 blieb fehlerfrei. Esteban Ocon eroberte den siebten Rang. Vor Felipe Massa im Williams. Es könnte ein Vorgeschmack auf das Wochenende sein. Force India erwartet, dass der englische Traditionsrennstall in Baku der härteste Gegner sein wird. Ferrari, Mercedes und Red Bull sollten außer Reichweite liegen.
Im letzten Versuch brachte Daniel Kvyat seinen Toro Rosso noch in den Top 10 unter. Das Schwesterteam von Red Bull war erst in der Schlussphase auf Zeitenjagd gegangen. Nico Hülkenberg, dessen Renault mit neuen Leitblechen unter der Nase und überarbeiteten Bargeboards bestückt ist, landete auf Position 14. Pascal Wehrlein beendete die erste Übungseinheit auf dem vorletzten Rang.