GESELLSCHAFT
Jeder zweite Mann und jede vierte Frau ab 35 schnarcht
Baku, 12. März, AZERTAC
Wenn man mit einem Schnarcher das Bett teilt, kann von erholsamer Nachtruhe keine Rede sein. Für die Schnarcher - und das sind immerhin jeder zweite Mann und jede vierte Frau ab 35 - bedeutet das oft den Umzug auf die Couch oder ins Gästezimmer. Wenn zusätzlich nachts der Atem aussetzt, kann es aber auch gefährlich werden. Dann ist Schnarchen Symptom einer sogenannten Schlafapnoe - einer Atemstörung, bei der der obere Atemweg teilweise oder komplett blockiert ist.
Ersticken können Betroffene dabei zwar nicht, erklären deutsche Schlafmediziner. Wenn der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt, weckt der Körper den Betroffenen, damit er wieder atmet. Allerdings haben manche 50 und mehr Atemaussetzer pro Stunde.
Der Tief- und Traumschlaf wird unterdrückt. Es ist kein erholsamer Schlaf mehr möglich, erklären deutsche Schlafforscher. Außerdem muss das Herz durch den Sauerstoffmangel und den entstehenden Unterdruck im Brustraum mehr leisten, der Blutdruck steigt und damit das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Das ist keine Bagatelle, erklären Schlafmediziner.
Nicht nur vom Schnarchen, sondern auch von der Schlafapnoe betroffen sei etwa jeder vierte Mann und jede siebte Frau im mittleren Alter.
Hinter behandlungsbedürftigem Schnarchen mit Atemaussetzern steckt in der Regel ein zu enger oder instabiler Atemweg zwischen Gaumen und Kehlkopf.
Das kann an anatomischen Besonderheiten wie zum Beispiel einem sehr engen Kiefer, einer großen Zunge, großen Mandeln oder einem großen Zäpfchen liegen. Aber auch an der Atemwegsmuskulatur: Bei einigen Menschen entspannt sie sich im Schlaf so weit, dass der Rachen sich durch den Unterdruck beim Einsaugen der Luft zusammenzieht.
Wenn der Partner Atemaussetzer bemerkt oder der Schnarcher sich tagsüber sehr müde fühlt, sollte er sich untersuchen lassen. Im Schlaflabor oder bei einer ambulanten Messung zu Hause wird die Atmung an der Nase, am Brustkorb und am Bauch sowie die Sauerstoffkonzentration im Blut gemessen. Ab zehn Sekunden Atempause spricht man von einer Apnoe, ab fünf Apnoen pro Stunde Schlaf von der Krankheit Schlafapnoe.
Es gibt zum Beispiel spezielle Schienen, die im Mund getragen werden und den Unterkiefer samt Zunge vorverlagern - so soll der Atemweg erweitert werden.
Eine andere Möglichkeit ist die nächtliche Überdruckbeatmung: Der Betroffene schläft mit einer speziellen Maske, die für einen leicht positiven Luftdruck sorgt. Das soll stabilisierend wirken und verhindern, dass sich der Atemweg verschließt.
Wenn solche Therapieversuche nicht anschlagen, kommt unter Umständen ein Zungenschrittmacher in Frage. Maurer hat davon an der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim seit 2010 mehr als 100 implantiert. Dabei sorgt ein unter dem Schlüsselbein eingesetztes Gerät mit einer um den Unterzungennerv gelegten Elektrode dafür, dass die Muskulatur der Zunge sich anspannt.
So kann sie den Atemweg nicht mehr versperren: Der Schrittmacher ist nur etwas für Leute, die mit den Standardtherapien, die wir haben, nicht zurechtkommen.
Bei sehr großen Mandeln oder einem sehr kleinen Kiefer kann vorher überlegt werden, die Mandeln zu entfernen, Weichteile wie Zäpfchen oder Gaumensegel zu straffen oder mit einem Eingriff den Kiefer nach vorne zu schieben, wie Schlafmediziner erklären.
Auch wer "nur" schnarcht, kann seinem Partner zuliebe etwas dagegen unternehmen. Der Lärmpegel beim Schnarchen kann die Lautstärke eines vorbeifahrenden Lkw erreichen. Auf Alkohol verzichten, Übergewicht reduzieren und nicht auf dem Rücken schlafen, könne das Schnarchen reduzieren. Es gibt auch spezielle Westen, die die Rückenlage verhindern. Im besten Fall hat der Bettpartner dann endlich Ruhe.