WIRTSCHAFT
Toyota macht Dacia-Fahrern ein Angebot
Baku, den 5. Juli (AZERTAG). Die Japaner halten im hart umkämpfen deutschen Markt nichts von Rabatten, wollen aber unbedingt mehr Autos verkaufen. Mit einem schlichten Dreh in der Rabattschlacht soll die Aufholjagd beginnen.
Masaki Hosoe, der neue Chairman von Toyota Deutschland, bemüht ein blumiges Bild, um die Strategie des weltweit größten Autobauers zu beschreiben – wie das bei japanischen Managern eben so üblich ist. „Eine stabile Finanzstruktur ist wie der Stamm eines Baumes.“ Er trage alles. „Uns sind die Früchte aber wichtiger als der Stamm“, so Hosoe – und die Früchte seien zufriedene Kunden.
Und damit die Europäer auch verstehen, was der Deutschlandchef meint, fügt er hinzu: „Oberstes Ziel von Toyota ist es nicht, am meisten Autos zu verkaufen oder den meisten Profit zu machen.“ Das klingt gut, aber natürlich will Toyota am Ende immer mehr verkaufen und verdienen – nicht umsonst ist der japanische Autokonzern seit Jahren die Nummer eins der Branche. Und derzeit tut er alles, um seine Position gegen den Angreifer Volkswagen zu verteidigen. Hosoe meint nur, dass Toyota nicht um jeden Preis auf Größe setzt. So wie GM viele Jahre.
Ambitioniert sind die Wachstumspläne von Toyota trotzdem: „Wir rechnen damit, dass wir 2014, alle Marken eingeschlossen, weltweit 10,32 Millionen Autos verkaufen“, kündigte Hosoe in Hamburg an. Das wären vier Prozent mehr als im Jahr zuvor, in dem die Japaner bereits sagenhafte 13,6 Milliarden Euro verdient hatten, womit sie bei der Effizienz unter den Massenherstellern weit vorne lagen. Nun will Toyota also noch einen Zahn zulegen. Das könnte klappen, weil die Geschäfte weltweit glänzend laufen.
Testballon mit Carsharing - Doch da ist das Sorgenkind Europa, und dort vor allem Deutschland. 2,6 Prozent Marktanteil hatte Toyota 2013 hierzulande, das ist für einen Weltmarktführer schwach. Eine noch stärkere Konzentration auf Hybridautos soll aus dem Dauertief führen. Außerdem ziehen die Japaner mit einer ungewöhnlichen Strategie in den Preiskrieg. Und als Türöffner für größere Aufmerksamkeit steigt ein Testballon mit Carsharing.
Über die sozialen Netzwerke sollen im September und Oktober in Berlin und Hamburg Menschen dafür gewonnen werden, sich einen Toyota zu leihen. Wer über die verschiedenen Portale mitmacht und zum Zug kommt, kann zwei Stunden gratis ein Auto fahren. 30, falls nötig bis zu 70 Aygos stellt Toyota damit zur Verfügung, keine große Sache also. Klar ist das ein PR-Gag, geben die Japaner zu, aber vielleicht wird ja ein Geschäftsmodell daraus.
Was Toyota eigentlich damit bezweckt, ist der Zugang zu jüngeren Kunden. Denn wie bekanntermaßen Mercedes leidet Toyota hierzulande ebenfalls darunter, dass die Kunden immer älter werden. 50 Jahre ist der Aygo-Fahrer im Durchschnitt. Zielmarke wäre 42 Jahre, und erreichen wollen die Japaner das, indem man sich in den sozialen Netzwerken tummelt, ein digitaler Ort mit überwiegend jüngeren Menschen.
100.000 verkaufte Autos pro Jahr sind die Zielmarke - Das noch schwerwiegendere Problem Toyotas – wie der anderen Autobauer auch – ist die anhaltende Rabattschlacht in Deutschland. Sie zehrt an den Margen. Im Mai beispielsweise wurden 26 Prozent aller in Deutschland verkauften Neuwagen als Eigenzulassungen an die Kunden gebracht. Also als Dienstwagen, Vorführwagen oder Tageszulassungen der Hersteller und Händler, die nach kurzer Zeit mit Rabatten von deutlich mehr als 20 Prozent losgeschlagen werden. Keiner in der Branche redet gerne darüber, keiner will angeblich so richtig mitmachen, und dennoch sind fast alle dabei. Toyota will die Preisschlacht nun ganz anders führen. Und das ist nötig.
„Wir haben im vergangenen Jahr 75.000 Autos hierzulande verkauft, damit können wir nicht zufrieden sein“, sagt Tom Fux, Präsident von Toyota Deutschland. „Unsere Organisation und ihr Händlernetzwerk sind für größere Dimensionen gemacht, mittelfristig ist das Ziel in Deutschland 100.000 Autos pro Jahr“, sagt Fux. Schon 2014 sollen es möglichst 80.000 sein.
Doch der Markt hierzulande wächst nicht, und die Konkurrenz durch die deutschen Rivalen ist beinhart. Der übliche Weg zur höheren Absatzzahlen wäre also, sich „Marktanteile zu kaufen“, eben Rabatte zu geben, zum Beispiel die Quote der Eigenzulassungen hochzuschrauben. Was wieder den Gewinn drückt. Daher setzt Toyota auf eine Strategie mit grundsätzlich preiswerteren Modellen in Deutschland. „Wir werden für einen begrenzten Zeitraum verschiedene Modelle mit einer Ausstattung und Motorisierung anbieten, die ohne Rabatte besonders günstig zu haben sind“, kündigt Fux an. „Wir fangen mit einem Auris für 13.990 Euro an, Ende des Jahres wird es ähnliche Varianten mit dem Aygo und dem Yaris geben.“
Schnäppchenjäger sind für Toyota wichtig - Toyota will damit die sogenannten Smart Buyer ansprechen, Kunden, die das ultimativ günstigste Angebot suchen und bislang oft auf rabattierte Wagen setzen oder gleich Dacia fahren. Im Billigsegment ist Toyota nicht besonders stark, räumt Fux ein. „Bei den Smart Buyern müssen wir wie im Geschäftskundensegment besser werden.“
Die Schnäppchenjäger sind für Toyota deshalb so wichtig, weil ihr Anteil unter den Autokunden nach Einschätzung der Japaner hierzulande kräftig steigt. „Inzwischen machen Geschäftskunden 32 Prozent und Smart Buyer 30 Prozent des Gesamtmarktes aus“, sagt Fux. Und der Anteil beider Gruppen an der Gesamtkäuferschaft habe sich seit 2005 jeweils um vier Prozent vergrößert. Gerade für Toyota in Deutschland ist diese Entwicklung alarmierend, weil die Japaner im Flottengeschäft hierzulande kaum eine Chance gegen Volkswagen, BMW, Mercedes und Opel haben und sich traditionell auf Privatkunden konzentrieren – die, wie oben beschrieben, immer seltener bereit sind, viel Geld für ein gewöhnliches Fortbewegungsmittel auszugeben.
Es sei denn, das Auto ist mehr als nur ein fahrbarer Untersatz. Für Premiummodelle oder besondere Modelle sind die Deutschen durchaus bereit, einiges springen zu lassen. Im Edelsegment liegt Toyota bekanntlich nicht besonders gut, die Oberklassemarke Lexus kommt in Deutschland einfach nicht voran. Aber in der Kategorie „besonderes Auto“ hat Toyota ja seine Hybridflotte zu bieten. Bis 2020 soll jeder zweite hierzulande verkaufte Toyota ein Hybrid sein, also ein Modell mit Verbrennungs- und Elektromotor.