GESELLSCHAFT
Russland gibt sich als Führer der Arktis
Baku, den 22. September (AZERTAG). Der Klimawandel wühlt den Kreml auf: Weil die natürlichen Eisbarrieren schmelzen, verstärkt Russland seine Grenztruppen in der Polarregion. Bei der internationalen Arktis-Konferenz gibt sich das Land als Führer der Region - und untermauert seinen Anspruch auf die riesigen Rohstoffschätze im Meer.
Es war ein Akt mit umstrittener Symbolkraft: Seit mehr als vier Jahren steckt am Nordpol auf rund 4200 Metern Tiefe eine weiß-blau-rote Nationalflagge Russlands aus Titan im Meeresboden. Seither nimmt das Tauziehen um die Aufteilung der gewaltigen Bodenschätze in der Arktis kein Ende. Nun verstärkt Russland zudem seine Grenztruppen in der Polarregion.
Als Grund nannte das Außenministerium den Klimawandel. „Früher war unsere Staatsgrenze durch Eis und harsches Klima gesichert“, sagte der Sonderbotschafter Anton Wassiljew in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Agentur Interfax. Doch nun schmelze das Eis, und Tausende Kilometer seien unbewacht.
Am Mittwoch startete eine dreitägige Arktis-Konferenz in der nordrussischen Stadt Archangelsk. Dort will das Gastgeberland seinen Anspruch auf ein 1,2 Millionen Quadratkilometer großes Polargebiet inklusive des Nordpols untermauern.
„Russland spricht von sich selbst als Führer in der Arktis“, sagte Wassiljew. „Aber das kann auch nicht anders sein - denn die Hälfte der Arktis gehört Russland.“ In der Region lagern unter anderem riesige Mengen Öl und Gas, die durch die Eisschmelze leichter zugänglich werden. Moskau will beweisen, dass der Meeresboden in der Arktis eine natürliche Verlängerung des russischen Festlandes sei. Dann dürfte Russland nach internationalem Recht dort Rohstoffe abbauen.
Russland müsse auch die Schiffe in der Nordostpassage im Polarmeer schützen können, sagte Wassiljew. Da der Seeweg entlang der Nordküste Europas und Asiens jetzt weitaus häufiger eisfrei sei, nutzten nun auch mehr Schiffe die Strecke. Zugleich lehnte Wassiljew eine Stationierung von Nato-Truppen in der Region scharf ab. „In der Arktis brauchen wir keine Präsenz militärisch-politischer Blöcke.“
Zu der Konferenz „Dialograum Arktis“ wird auch Regierungschef Wladimir Putin erwartet. Im Mittelpunkt stünden die Sicherheit und der Ausbau von Transportwegen, kündigte Wassiljew an. Eingeladen seien auch Politiker und Wissenschaftler der Mitglieder des Arktischen Rates - USA, Kanada, Dänemark (Grönland), Norwegen, Schweden, Dänemark und Island.