GESELLSCHAFT
Teuerste Gesundheitssysteme der Welt
Baku, 7. Oktober, AZERTAC
Die USA haben eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt - und doch geht es den Einwohnern schlechter als vielen in Westeuropa. Eine aktuelle Studie zeigt, wie groß die Unterschiede sind.
Die USA sind ein reiches Land, die Bewohner verdienen gut, sie haben Zugang zu sauberem Wasser und Bildung. Und dennoch bleibt das Land, was die Gesundheit seiner Bürger betrifft, hinter seinen Möglichkeiten. Das berichten Forscher in der Global Burden of Disease Study (GBD).
1870 Experten haben in der Untersuchung Informationen zur Lebenserwartung, zu Todesursachen und Erkrankungen sowie deren Ursachen ausgewertet. Die Untersuchung bezog Menschen aus 195 Ländern und Regionen ein, die Daten wurden zwischen 1990 und 2015 erfasst. Zum ersten Mal haben die Forscher auch untersucht, ob der Gesundheitszustand der Länder zu deren Entwicklungsstatus passt.
Im Vergleich zu ähnlich weit entwickelten Staaten in Europa stehen vor allem die USA schlecht da. "Es gibt Staaten, in denen sich der Gesundheitszustand der Menschen deutlich schneller verbessert als es Einkommen, Bildungsstatus und Fortpflanzungsrate vermuten lassen", sagt Christopher Murray von der University of Washington in Seattle, der die GBD mit koordiniert. In einigen Ländern sei aber das Gegenteil der Fall - so etwa in den USA.
Frankreich und Spanien überzeugen - Die Grafik unten zeigt, wo der Gesundheitszustand der Menschen schlechter ist, als aufgrund des Entwicklungsstatus im jeweiligen Land zu erwarten wäre (gelb, orange und rot markiert) und wo besser (grün, hell- und dunkelblau).
Im Unterschied zu den USA entspricht der Gesundheitsstatus der Menschen in Westeuropa häufig in etwa den Erwartungen (so auch in Deutschland) oder liegt sogar darüber. So sind beispielsweise die Menschen in Frankreich und Spanien deutlich gesünder als der wirtschaftliche Zustand ihrer Länder vermuten lässt.
Dass die USA im Vergleich zu Westeuropa so schlecht abschneiden, hat mehrere Gründe - etwa das noch weiter verbreitete Übergewicht. Eine wichtige Rolle spielt aber auch das dortigen Gesundheitssystem. Ärzte und Kliniken berechnen für ihre Leistungen deutlich mehr als in anderen Ländern. Die Kosten für einen einfachen Allergietest können sich schnell auf mehr als 2000 Euro summieren. Der Tagessatz auf einer Intensivstation übersteigt schnell 10.000 Euro. Das kann sich nicht jeder leisten.
Die Reform des Gesundheitssystems des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama könnte die Situation verbessern. Aktuellen Umfragen des Marktforschungsinstituts Gallup zufolge sind mittlerweile fast neun von zehn US-Amerikaner krankenversichert, rund 20 Millionen mehr als noch vor drei Jahren. Häufig wird jedoch kritisiert, dass die Versicherung nur eine medizinische Notversorgung abdeckt.
Europäer leben länger als Amerikaner - Die Probleme mit der medizinischen Versorgung lassen sich auch an der Lebenserwartung ablesen. Für 2015 in den USA geborene Frauen liegt diese bei 81,5 Jahren, für Männer bei 76,7. In Westeuropa können Frauen dagegen mit knapp 84 Lebensjahren rechnen, Männer mit 78,9.
Neben der generellen Lebenserwartung erfassten die Forscher auch, wie viel Zeit die Menschen gesund verbringen, denn oft bedeutet länger leben auch länger leiden. Auch in diesem Punkt zeigte sich eine Lücke zwischen den Vereinigten Staaten und Westeuropa. Während heute geborene Frauen in den USA 69,5 gesunde Lebensjahre erwarten, sind es bei den Frauen in Westeuropa 72,8. Die Männer in den USA können mit 66,8 gesunden Jahren rechnen, die Männer in Westeuropa mit 69,8.