WELT
Cern-Forscher erspähen Spuren des Gottesteilchens
Baku, den 14. Dezember (AZERTAG). Forscher haben am Kernforschungszentrum neue Hinweise für die Existenz des Higgs-Boson entdeckt. Doch das Teilchen selbst bleibt ein Phantom.
In der Teilchen-Physik hat das mysteriöse Higgs-Boson seit Jahrzehnten seinen festen Platz, aber experimentell nachgewiesen hat es bisher noch niemand. Doch Forscher des europäischen Kernforschungszentrums Cern in der Schweiz kommen einer Entdeckung des Teilchen offenbar immer näher.
Zwei Forscherteams am Cern teilten jetzt mit, man habe die Region, in der das Teilchen möglicherweise zu finden sei, eingrenzen können. Wahrscheinlich sei es Niedrig-Masse-Bereich zu finden, der mit dem Teilchenbeschleuniger des Cern erforscht werden soll.
Fabiola Gianotti, die Sprecherin des ATLAS-Experiments am Teilchenbeschleuniger LHC, sagte, die Spuren des Teilchens konzentrierten sich den bisherigen Daten zufolge am ehesten im Energiebereich zwischen 116 und 130 Gigaelektronenvolt (GeV) – einer Einheit, in der Physiker die Masse von Elementarteilchen angeben.
Die Hinweise seien aber noch nicht stark genug, um tatsächlich von der „Entdeckung“ des Higgs-Teilchens zu sprechen, hieß es weiter.
Einzeln für sich genommen sei keines der Ergebnisse statistisch relevanter als eine zweimal hintereinander gewürfelte Sechs. Interessant sei aber, dass mehrere Messungen auf den Bereich zwischen 124 und 126 GeV hinwiesen.
„Wir können zu diesem Zeitpunkt keine Rückschlüsse ziehen“, betonte Gianotti. „Wir brauchen mehr Analysen und mehr Daten.“ Erst im Jahr 2012 lägen genügend Daten für eine wirklich sichere Aussage vor, so Gianotti.
Mit dem sogenannten Higgs-Mechanismus wird seit 1964 im Standardmodell der Elementarteilchen-Physik erklärt, wie die Teilchen - also die Grundbausteine der Materie - ihre Masse erhalten. Das nach dem schottischen Physiker Peter Higgs benannte Boson ist nach Einschätzung der meisten Physiker der letzte noch fehlende Baustein in dem bewährten Standardmodell.
Die Forscher gehen davon aus, dass die umherfliegenden Elementarteilchen von einem sogenannten Higgs-Feld gebremst werden. Dieses universale Higgs-Feld „zieht“ demnach gleichsam an dem Elementarteilchen, das dadurch Masse gewinnt.
Der Theorie zufolge gilt dabei: Das Elementarteilchen hat umso mehr Masse, je stärker es auf das unsichtbare Feld reagiert. Je mehr Masse das Teilchen aber hat, umso leichter kann es das Higgs-Feld seinerseits in Schwingungen versetzen - und jetzt kommt das Higgs-Teilchen ins Spiel: Denn diese Schwingungen äußern sich der Theorie zufolge physikalisch in der Erzeugung von Higgs-Bosonen, die wegen ihrer universellen Bedeutung von manchen Physikern auch „Gottesteilchen“ genannt werden. Mit der Entdeckung des Higgs-Bosons am LHC wäre also die Existenz des Higgs-Feldes nachgewiesen.
Die Suche nach dem Higgs-Teilchen gehört zu den zentralen wissenschaftlichen Aufgaben des riesigen Teilchenbeschleunigers LHC nahe der französisch-schweizerischen Grenze.
Mehr als hundert Meter unter der Erde lassen die Wissenschaftler der Europäischen Organisation für Atomforschung (Cern) in dem 27 Kilometer langen Ringtunnel Protonen mit nahezu Lichtgeschwindkeit aufeinanderprallen.
Bei den Zusammenstößen entstehen neue Teilchen, die gleich wieder zerfallen und dabei Spuren hinterlassen. Nach Zerfallsprodukten des Higgs-Bosons wird dabei mit den riesigen LHC-Detekoren „Atlas“ und „CMS“ gesucht: „Atlas“ ist mit einer Länge von 46 Metern und 25 Metern Durchmessern der größte Detektor, „CMS“ mit einem Gewicht von 12.500 Tonnen der schwerste Detektor, der je an einem Beschleuniger gebaut wurde.