WELT
N-Nitrosodimethylamin ist gefährlich und provoziert nicht nur Krebs, sondern auch Leberzirrhose
Baku, den 17. Januar (AZERTAG). Nikotin- und Alkoholsüchtige werden also durchaus von ähnlichen Erkrankungen bedroht. Wobei es beim N-Nitrosodimethylamin auch die Passivraucher trifft. Denn seine höchsten Dosierungen findet man im Nebenstromrauch, also dem Qualm, den die Zigarette zwischen den Lungenzügen verströmt und dadurch auch an anwesende Nicht-Raucher abgibt.
Es darf daher nicht wundern, dass auch anwesende Nichtraucher gefährdet sind, wenn sich jemand eine Zigarette anzündet. Insgesamt sterben in Deutschland mehr als 3300 Nichtraucher an den Folgen des Passivrauchens, „das sind“, wie Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum warnt, „mehr Todesfälle als durch illegale Drogen, Asbest, BSE und SARS zusammen“.
In jüngerer Zeit lenken Wissenschaftler ihren Blick verstärkt auf die radioaktiven Stoffe im Tabakqualm. Herausragend ist dabei vor allem Polonium 210, mit dem der russische Regime-Kritiker und frühere KGB-Agent Alexander Litvinenko ermordet wurde.
Entdeckt wurde das radioaktive Isotop Ende des 19.Jahrhunderts durch Marie und Pierre Curie, und eigentlich kommt es in der Natur eher selten vor. Doch die Tabakpflanze besitzt - im Unterschied zu anderen Pflanzen - eine besondere Affinität zu Polonium 210, das sie sich über diverse chemische Umwege sowohl über die Luft als auch über den Dünger im Boden einverleibt.
Zahlen und Fakten zum Rauchen
Raucher: In Deutschland qualmt rund ein Drittel der Erwachsenen, darunter mehr Männer als Frauen. Insgesamt sind es etwa 16 Millionen Menschen.
Dadurch entstehen beim Inhalieren des Tabakqualms Strahlenbelastungen wie beim Radiologen, in Raucherlungen finden sich drei bis vier Mal so viel Polonium wie bei Nichtrauchern. Ein starker Raucher mit 20-40 Zigaretten pro Tag verpasst seinen Bronchien pro Jahr die gleiche Strahlenmenge, als wenn er sich 250 Mal seine Lungen röntgen lassen würde.
Der Tabakindustrie freilich ist das Polonium-Problem schon länger bekannt. „In den Archiven der Tabakindustrie finden sich schon in den 50er-Jahren Diskussionen über die radioaktiven Gefahren von Tabakrauch“, betont Wissenschaftshistoriker Robert Proctor von der Stanford University in Kalifornien.
Man entwickelte sogar erfolgversprechende Methoden, um das Polonium-Problem zu lösen, wie etwa spezielle Filter an den Zigaretten, Tabakwaschungen nach der Ernte oder Veränderungen am Dünger. Doch all das wurde schließlich aus Kostengründen fallen gelassen. „Stattdessen beschloss man, den Mantel des Schweigens darüber zu legen“, so Procter.