WELT
Roboter lernt Samurai-Schwertkampf
Baku, 18. Juni, AZERTAC
Bambusmatten und Orangen sauber mit dem Schwert zerteilen - das hat eine japanische Firma einem Roboter beigebracht und werbewirksam in Szene gesetzt. Die PR-Aktion zeigt die beunruhigende Stärke von Maschinen, aber auch ihre Schwächen.
Sumo-Ringer gab es schon vor mehr als tausend Jahren, doch selbst im 21. Jahrhundert sind die Kämpfe in Japan eine Attraktion und werden live im Fernsehen übertragen.
Auch der Umgang mit dem Katana, einem langen, früher von den Samurai benutzten Schwert, wird bis heute gelehrt. Die japanische Yaskawa Electric Corporation hat einem von ihr hergestellten Industrieroboter nun zum Schwertkämpfer aus Silizium und Stahl umprogrammiert. Ein PR-Video zeigt Motoman MH24, so heißt der Roboter, beim Zerstückeln von zusammengerollten Bambusmatten. Anlass dafür war der 100. Firmengeburtstag.
Der beeindruckende Schwertclip aus Japan läuft unter dem Titel „Yaskawa Bushido Project“. Das Unternehmen hatte für den drei Tage dauernden Dreh Isao Machii angeheuert, einen Meister in der Schwertkampftechnik Iaijutsu. Mit Hochgeschwindigkeitskameras wurden seine Bewegungen aufgezeichnet und als Vorlage für den Roboter genutzt.
Bei einer horizontal ausgeführten Schwertbewegung zerlegte der Motoman MH 24 in einem Zug sogar sechs nebeneinander liegende Orangen. Meister Isao Machii hatte sich mit dem Aufschneiden einer einzigen Zitrusfrucht begnügt.
Der Meister wirkt erschöpft - Zum Schluss traten Machii und der Roboter-Bushido im Teilen von aufgerollten Bambusmatten gegeneinander an. Insgesamt tausend saubere Schnitte wurden laut Angaben der Firma Yaskawa ausgeführt. Dabei konnte der Roboter seine eigentlichen Stärken ausspielen: Er wird weder müde noch ändert sich die Präzision seiner Bewegungen. Isao Machii hingegen wirkte nach Hunderten zertrennten Bambusrollen etwas erschöpft.
Solche PR-Filme sind in der Robotik-Branche nicht neu. Normalerweise schrauben die Blechkameraden Autos zusammen oder lackieren die Karosserie. Zu Showzwecken dürfen sie aber nicht nur Schwerter schwingen, sondern auch mal gegen den deutschen Tischtennis-Star Timo Boll antreten.
Darin schmettert der Roboter Boll an den Rand einer Niederlage - der Deutsche gewinnt am Ende nur knapp mit 11:9. Doch es handelte sich um kein wirkliches Spiel. Vielmehr vollführte der Roboter wenige einprogrammierte Spielzüge. Aus den Einzelszenen wurde dann mit Videoschnittsoftware ein Spiel zusammenmontiert, das es so nie gegeben hat.
Prognose der Flugbahn schwierig - Zumindest mit rasanten Bewegungen hätte ein Roboter wohl kaum Probleme, da sind sich Experten einig. „Die Bewegungen eines Roboterarms und die Berechnungen dafür sind unglaublich schnell“, sagt Robin Ritz von der ETH Zürich. Sven Lange von der TU Chemnitz verweist auf speziell dafür entwickelte Leichtbauarme, die hohe Beschleunigungen ermöglichen.
Die größere Herausforderung für einen Tischtennisroboter besteht in der Sensorik: „Es ist schwierig abzuschätzen, wohin ein Ball fliegt“, sagt Ritz. Die Position eines Balls könne man zwar sehr gut bestimmen, aber er könne sich ja auch drehen und Effet haben. Und dann wird die Prognose der Flugbahn schwierig.
Der Schweizer weiß, wovon er spricht: Gemeinsam mit Kollegen hat er Quadrokoptern eine simple Pingpong-Variante beigebracht. An der ETH Zürich gibt es mit der Flying Machine Arena den idealen Experimentierplatz dafür. In einem Raum von zehn mal zehn mal zehn Metern stellen die Forscher den Minihubschraubern immer neue Aufgaben. Beispielsweise spielen sich zwei Mini-Drohnen einen Ball hin und her - und das klappt erstaunlich gut.
Fürs Tracking, also das Verfolgen des Balls, nutzen die ETH-Forscher übrigens Infrarotkameras, wie sie auch beim Kinect-Sensor der Xbox zum Einsatz kommen.
Taktik für Roboter? – „Ein Tischtennis spielender Roboter ist prinzipiell machbar“, ergänzt der Chemnitzer Forscher Lange, „würde aber sicher einen großen Programmieraufwand erfordern.“
Doch selbst wenn es gelänge, die Bälle präzise zu verfolgen, bliebe noch ein Problem: Wie soll ein Roboter jene Spielintelligenz bekommen, die Profis wie Timo Boll auszeichnet? „Das ist schwierig“, meint Ritz.
Selbst als Schwertkämpfer hätte ein Roboter wohl kaum eine Chance gegen einen seit Jahrzehnten täglich mehrere Stunden trainierenden Meister. Man könne einem Roboter theoretisch alle in einem Kampf möglichen Situationen und die dazu passende Reaktion einprogrammieren, sagt Lange. „Doch das halte ich für unrealistisch.“