WELT
Mehr Grün ist perfektes Leben


Baku, 16. Juni, AZERTAC
Auf der Wiese toben, nach Insekten suchen und saubere Luft einatmen - liegt eine Grundschule in der Nähe von Grünflächen, entwickeln sich ihre Schüler besser. Was genau den Effekt auslöst, ist allerdings noch unklar.
Grünflächen an Schulen tragen einer Studie zufolge zur kognitiven Entwicklung von Grundschülern bei. Spanische Forscher berichten, dass begrünte Zonen auf dem Gelände oder in der Nähe von Grundschulen mit einer Steigerung von Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeit einhergehen.
Die Forscher um Payam Dadvand vom Forschungszentrum für Umweltepidemiologie (CREAL) in Barcelona verfolgten die Entwicklung von knapp 2600 Grundschüler der zweiten bis vierten Klasse aus 36 Grundschulen in Barcelona. Über ein Jahr hinweg machten die Schüler alle drei Monate mehrere Kognitionstests, die das Arbeitsgedächtnis und die Aufmerksamkeit der Kinder erfassten.
Gleichzeitig dokumentierten sie anhand von Satellitenbildern die Grünflächen in der Umgebung von Wohnung und Schule der Kinder.
Umgebung der Schule scheint entscheidend - Das Arbeitsgedächtnis der Kinder nahm in dem Jahr im Mittel um etwa 20 Prozent zu, die Aufmerksamkeit stieg in ähnlichem Maße. Je grüner allerdings die Umgebung einer Schule war, desto mehr steigerten Kinder sowohl ihr Arbeitsgedächtnis als auch ihre Aufmerksamkeit, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Die Umgebung der Schule scheint dabei offenbar eine besondere Rolle zu spielen: Für die Umgebung der Wohnungen fanden die Forscher keinen solchen Zusammenhang. Auch Ehestatus, Bildungsgrad oder Einkommen der Mutter konnten das Resultat nicht erklären.
Bessere Luft, insgesamt größeres Wohlbefinden - Die Forscher begründen den Effekt unter anderem damit, dass Grünflächen die verkehrsbedingte Luftverschmutzung senken und Schüler zu Bewegung anregen. Sie verweisen auf eine Untersuchung, der zufolge Verkehrsabgase die geistige Entwicklung von Kindern hemmen können. Tatsächlich hatten in ihrer Studie Schulen mit hoher Innenraumbelastung die geringsten Leistungszuwächse. Dies allein könne 20 bis 65 Prozent des gefundenen Effekts erklären, kalkulieren die Autoren.
Zudem könnten Grünflächen die Lärmbelastung senken, so die Forscher. Auch davon könnten die Schüler profitieren. Schließlich könnten Grünräume die Bewegung der Kinder fördern und sie vermehrt mit Mikroorganismen in Kontakt bringen. Dies alles könne das Wohlbefinden und damit möglicherweise auch die Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen.
Claudia Mähler von der Universität Hildesheim lobt, dass die Forscher wichtige Einflussfaktoren wie etwa Bildungsgrad oder Einkommen der Eltern kontrolliert hätten. Auch sie hält es für möglich, dass mehr Grünflächen die geistige Leistung von Kindern fördern könnten. „Man weiß aber nicht, ob das ein Gesundheitseffekt ist oder auf angeregter Stimulation beruht“, sagt die Psychologin.
Generell sei es sehr schwierig, eine solche Kausalbeziehung nachzuweisen. Es gäbe Hinweise in beide Richtungen. So wisse man beispielsweise auch, dass Kinder mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) von Bewegung und passender Stimulation profitieren könnten.