GESELLSCHAFT
Drittes Energiefeld der Erde entdeckt
Baku, 31. August, AZERTAC
Magnetfeld, Schwerefeld – und nun das ambipolare Feld: Forschende der US-Raumfahrbehörde Nasa haben ein drittes Energiefeld der Erde nachgewiesen. Bei dem ambipolaren elektrischen Feld handle es sich um ein schwaches, erdumspannendes elektrisches Feld, das wahrscheinlich ebenso grundlegend für die Eigenschaften unserer Erde sei wie die anderen beiden, bereits bekannten Energiefelder.
Das nun nachgewiesene Feld prägt die Grenzen zwischen Erde und Weltall und ist eine der Haupttriebkräfte des Polarwinds – eines stetigen Ausflusses geladener Teilchen in den Weltraum oberhalb der Pole der Erde. Ihre Ergebnisse stellen die Forschenden im Fachblatt „Nature“ vor.
Rätsel über etwa 60 Jahre - Es wurde schon viel über das mögliche dritte Energiefeld der Erde spekuliert. In den späten Sechzigerjahren entdeckten Raumsonden, die die Pole der Erde überflogen, einen Partikelstrom, der aus unserer Atmosphäre ins All strömt. Die Ursache dieser Strömungen blieb allerdings unklar.
„Irgendetwas musste diese Partikel aus der Atmosphäre ziehen“, sagte Hautpautor Glyn Collinson einer Mitteilung zufolge. Wissenschaftler vermuteten über lange Zeit, dass der Auslöser ein noch unentdecktes elektrisches Feld sein könnte. Dieses sollte sehr schwach sein, seine Auswirkungen über Hunderte von Kilometern spürbar. Diese Vermutung nachzuprüfen und das Feld womöglich nachzuweisen, sei jedoch lange nicht möglich gewesen, die vorhandene Technologie habe das schlicht nicht hergegeben.
Nasa-Forscher Collinson begann daher mit einem Team vor knapp zehn Jahren, neue Instrumente zu entwickeln, die den Anforderungen gewachsen sein sollten. 2022 startete die Mission. Der Flug erreichte eine Höhe von 768,03 Kilometern und sammelte Daten über eine Strecke von rund 520 Kilometern.
Wie AZERTAC unter Berufung auf Spiegel berichtete, schickten die Forscher ihre Instrumente auf einen suborbitalen Raketenflug. Er startete in der Antarktis und nahm Kurs auf Svalbard, eine norwegische Inselgruppe, ganz in der Nähe des Nordpols. „Svalbard ist die einzige Raketenbasis der Welt, auf der man durch den Polarwind fliegen und die von uns benötigten Messungen machen kann“, sagte Mitautorin Suzie Imber.
Das Ergebnis: Das elektrische Potenzial habe sich an der Stelle, wo die Forscher nun das neue Energiefeld ausmachen, um 0,55 Volt verändert. „Ein halbes Volt ist fast nichts –, das ist gerade einmal so stark wie eine Uhrenbatterie“, sagte Collinson. „Aber das ist genau der richtige Wert, um den Polarwind zu erklären.“
„Förderband in den Weltraum“ - Wasserstoffionen, die am häufigsten vorkommende Teilchenart im Polarwind, seien durch dieses Feld einer Kraft ausgesetzt, die 10,6 Mal stärker sei als die Schwerkraft, heißt es bei der Nasa. „Das ist mehr als genug, um der Schwerkraft entgegenzuwirken – es reicht sogar aus, um die Teilchen mit Überschallgeschwindigkeit nach oben in den Weltraum zu schleudern“, sagte Mitautor Alex Glocer.
Das Feld ist den Forschenden zufolge dafür verantwortlich, dass Partikel eine vielfach größere Höhe erreichen könnten, als es ohne das Feld möglich wäre. „Es ist wie ein Förderband, das die Atmosphäre in den Weltraum anhebt“, sagte Collinson.