WELT
Die Welt freut sich mit Chile
Von den Angehörigen im "Camp der Hoffnung" bis zu US-Präsident Obama: Millionen Menschen rund um den Globus verfolgten die Bergung der 33 verschütteten Kumpel in Chile gespannt.
Sie jubelten, tanzten und zeigten sich der Welt als Sieger: Selbst die behandelnden Ärzte sind überrascht, wie gut es den chilenischen Bergarbeitern geht. Wieso sind die 33 so fit?
Blass, kraftlos und ausgezehrt: So hatte die Welt die Bergleute in Chile erwartet. Stattdessen steigen viele der 33 Männer jubelnd aus der Kapsel, sie verschmähen die Tragebahre und umarmen lieber den chilenischen Präsidenten. Sie winken den Schaulustigen wie Popstars zu und strecken die Faust als Sieger in den nächtlichen Himmel. Der Gesundheitszustand der Männer sei "ziemlich gut", freute sich der Gesundheitsminister Jaime Manalich.
Ähnliches war am Donnerstag von den Ärzten zu hören, die die Bergleute im Krankenhaus in Copiapó untersucht hatten. Den Geretteten gehe es gut, sie hätten bestens geschlafen und die Belastungen offenbar gut weggesteckt. Keiner habe einen Schock. Zwei Bergarbeiter mussten zwar eine schwere Zahn-OP unter Vollnarkose über sich ergehen lassen, ein weiterer Geretteter wird wegen einer Lungenentzündung mit Antibiotika behandelt. Ansonsten seien aber nur kleinere Probleme - wie Hauterkrankungen - behandelt worden. Auch die Augen hätten nicht gelitten, lediglich einer der Männer habe "mittlere Probleme". Zwei oder drei Kumpel könnten im Laufe des Tages möglicherweise entlassen werden, sagten die Mediziner.
Dabei liegt hinter den Bergarbeitern eine für Körper und Psyche extrem belastende Zeit. Über zwei Monate harrten sie in 600 Metern Tiefe aus. Dem Tod näher als dem Leben waren sie 17 Tage vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten. Alle zwei Tage zwei Löffel Thunfisch - mehr gab es in diesen ersten Wochen nicht zu essen. Und nun entsteigen die so lange Verschütteten aus dem Schacht wie Phönix aus der Asche - jubelnd, tanzend, Fahnen schwenkend. Eine Wiedergeburt, die das Land und die restliche Welt berührt.
Der Direktor des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) weiß um die körperlichen und psychischen Extrembelastungen, denen zum Beispiel Astronauten ausgesetzt sind, wenn sie Monate auf der Internationalen Raumstation verbringen. Zwar litten die Bergmänner in Chile nicht unter der fehlenden Schwerkraft, doch ihre Muskeln mussten auch sie trainieren. Und ähnlich isoliert wie Raumfahrer saßen sie in der Dunkelheit fest.
Wichtig war dem DLR-Experten zufolge auch, dass das Leben unter Tage den Bergarbeitern nicht fremd ist. "Diese Jungs sind nicht klaustrophob, sie gehen schon jahrelang da hinunter." Der Körper kenne daher diese Situation. Die Hitze machte den Bergarbeitern zwar zu schaffen, doch sobald der Kontakt mit der Außenwelt hergestellt war, konnten die Kumpel den Verlust an Schweiß durch ausreichendes Trinken ausgleichen. Kalorien- und vitaminreiche Nahrung sowie Medikamente bekamen sie über den Versorgungsschacht. "Dem Auftreten von Hauterkrankungen, die in der feuchten Luft schnell entstehen, konnte damit begegnet werden", sagt Gerzer. Auch die Gefahr eines Vitamin-D-Mangels, der unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Osteoporose erhöht, schätzt der Raumfahrtmediziner nicht als groß ein. Für zwei bis drei Monate habe der Körper in der Regel genug Reserven gespeichert.