WELT
"Sachter Widerspruch oder Kritik an der Regierung"
Baku. 25. Januar AZERTAC
In Nordkorea soll es zunehmend Kritik an Staatschef Kim geben. Außerdem dringen vermehrt Informationen in das Land, sagt ein Ex-Diplomat der Diktatur.
Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un sieht sich offenbar mit zunehmender Unzufriedenheit der Elite des abgeschotteten Landes konfrontiert, berichtet ein hochrangigen Überläufer. "Sachter Widerspruch oder Kritik an der Regierung, bis vor kurzem noch undenkbar, werden häufiger", sagte der frühere stellvertretende Botschafter Nordkoreas in London, Thae Yong Ho.
Der Diplomat Thae war im August 2016 mit seiner Familie aus der nordkoreanischen Diktatur nach Südkorea geflohen. Er gehört damit zu den hochrangigsten Vertretern, die bislang aus Nordkorea geflohen sind. Zu der wachsenden Kritik an der Regierung in Pjöngjang trage auch bei, dass immer mehr Informationen von außen in das isolierte Land dringen, sagte er. In einem Interview mit der BBC sagte Thae, er sei sicher, dass der Rest seiner Familie in einem Gefängnis oder einer abgelegenen Region interniert sei. Der Gedanke daran "bricht mir das Herz", so Thae.
Der Ex-Vizebotschafter hatte zuletzt Ende Dezember Brisantes aus Pjöngjang mitgeteilt: Er sagte, Diktator Kim habe vor, die Machtübergabe in den USA zwischen den Präsidenten Barack Obama und Donald Trump für den Ausbau des Atomwaffenarsenals zu nutzen. Auf dem Parteitag im Mai habe Kim befohlen, die nukleare Entwicklung des Landes bis zum Ende des Jahres 2017 zu "vollenden". Nun sagte Thae der BBC, er zweifele nicht daran, dass Kim die Atombombe auch gegen ausländische Ziele einsetzen werde, wenn seine Regentschaft und seine Dynastie gefährdet seien.
Wegen Kims Atom- und Raketenversuchen waren die Uno-Sanktionen gegen das völlig verarmte Land zuletzt 2016 verschärft worden. In seiner Neujahrsansprache hatte Kim angekündigt, einen weiteren Test einer Interkontinentalrakete vorzubereiten. Experten gehen aber davon aus, dass das Land noch Jahre davon entfernt ist, eine Interkontinentalrakete mit Atomsprengkopf zu entwickeln, die Ziele in den USA erreichen könnte.