WELT
Putschversuch in Bolivien
Baku, 27. Juni, AZERTAC
In Bolivien haben Teile des Militärs versucht, die Regierung zu stürzen. Am Mittwoch besetzten Soldaten zunächst den zentralen Platz der Stadt La Paz. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichtete von einem gepanzerten Fahrzeug, das den Zugang zum Präsidentenpalast am Plaza Murillo durchbrochen habe. Auf Bildern aus La Paz waren zahlreiche Soldaten zu sehen, die die Zugänge zu dem Platz sperrten.
Der kürzlich entlassene Befehlshaber der Armee, Juan José Zúñiga, gilt als der Drahtzieher des Putschversuchs. Er erklärte, dass die drei Spitzen der Streitkräfte „ihre Bestürzung zum Ausdruck bringen“ wollten. „Es wird sicherlich ein neues Kabinett geben, die Dinge werden sich ändern, aber unser Land kann so nicht weitermachen wie bisher“, sagte er einem lokalen Fernsehsender.
Am Mittwochnachmittag sah die Lage jedoch schon ganz anders aus: Da wurde Zúñiga festgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen den Offizier und seine Mitverschwörer ein. Zúñiga werde Terrorismus und bewaffneter Aufstand gegen die Sicherheit und Souveränität des Staates vorgeworfen.
Präsident Luis Arce und der abtrünnige General standen sich kurz zuvor auf den Fluren des Regierungspalastes gegenüber. „Ziehen Sie alle Soldaten zurück. Das ist ein Befehl“, rief der Präsident. „Werden Sie mir nicht gehorchen?“
Kurz nach dem Schlagabtausch ernannte Arce einen neuen Generalstabschef: Nach Informationen der Zeitung „El Deber“ handelt es sich dabei um José Wilson Sánchez. Der habe die Soldaten dann aufgefordert, sich zurückzuziehen. „Niemand will diese Bilder, wie wir sie gerade in den Straßen sehen.“ Tatsächlich berichteten Augenzeugen wenig später, dass die Soldaten den Plaza Murillo wieder verließen.
Dem Bericht zufolge tauschte Arce auch die Spitzen der Luftwaffe und der Marine aus.
Offenbar richtete sich der versuchte Staatsstreich gegen eine erneute Präsidentschaftskandidatur des früheren Staatschefs Evo Morales. Der linke Staatschef war von 2006 bis 2019 im Amt. Damals trat er unter dem Druck des Militärs zurück, nachdem ihm von der Opposition und internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl vorgeworfen worden war.
Nach einer Reihe von Gerichtsentscheidungen darf der erste indigene Präsident des Landes eigentlich nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren. Der frühere Koka-Bauer will bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr trotzdem antreten.
Derzeit kämpfen Morales und der amtierende Staatschef Arce um die Führungsrolle in ihrer Partei MAS vor den Wahlen im Jahr 2025. Sie galten einst als Parteifreunde, haben sich jedoch vor einiger Zeit zerstritten.