POLITIK
Abgeordneter des deutschen Bundestags: „Die armenischen Meldungen sind falsch“
Berlin, den 17.November (AZERTAG). Abgeordneter des deutschen Bundestags Karl -Georg Wellmann hat der AZERTAG ein Exklusivinterview gewährt. Wir stellen dieses Interview vor.
-Herr Wellmann, Sie gehören zu den Abgeordneten im Deutschen Bundestag, die sich mit den Fragen bezüglich der Region des Südkaukasus, sowie unseres Landes gut auskennen. Sie sind ebenfalls Mitglied der Regierungspartei CDU. Wie würden Sie die gegenwärtigen deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen einschätzen?
Die deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen sind sehr gut. Wir arbeiten nicht nur eng bei wirtschaftlichen und energiepolitischen Fragen zusammen. Wir unterstützen auch das Interesse Aserbaidschans an einer weiteren Annäherung an die euro-atlantischen Strukturen. Wir sind gemeinsamen Interessen und gemeinsamen Werten verpflichtet. Deutschland und Aserbaidschan sind gemeinsam Mitglieder in der OSZE und im Europarat. Wir sehen uns als „Staaten, die vom gleichen Geist beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an politischen Überlieferungen, Idealen, Achtung der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit besitzen“. So steht es in der Präambel der Europäischen Menschenrechtskonvention. Auf dieser Grundlage und in diesem Geiste können wir auch Fragen wie die Umsetzung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Garantien offen ansprechen.
-Die Deutsche Regierung hat mehrmals Erklärungen über die Anerkennung der territorialen Integrität unseres Landes abgegeben. Gleichzeitig wurde im Bundestag in 2009 eine Resolution über den Südkaukasus verabschiedet. Diese Resolution anerkennt die völkerrechtlichen Grundsätze, die territoriale Integrität und die Unzulässigkeit der Änderung der Staatsgrenzen ohne die Zustimmung der jeweiligen Staaten. Dies ist Grundlage für die Lösung der ethnischen Konflikte in der Welt, als auch im Südkaukasus. Wie stehen Sie persönlich zu diesen Grundsätzen?
An der Resolution von 2009 habe ich mitgearbeitet und unterstütze sie in vollem Umfang. Der Deutsche Bundestag setzt sich uneingeschränkt dafür ein, dass die Resolutionen der Vereinten Nationen des Europarats und der OSZE hinsichtlich des Berg-Karabach-Konfliktes von allen Parteien erfüllt werden.
-Die Bundesregierung wird in der Resolution aufgerufen, bei der Gestaltung ihrer Politik dies zu berücksichtigen. Ist die Bundesregierung bemüht, die Bundestags-Resolution umzusetzen?
Die Politik der Bundesregierung entspricht dieser Resolution. Wir unterstützen alle Bemühungen zur friedlichen Streitbeilegung in der ganzen Region und zwar in allen drei Staaten des Südkaukasus.
-Wie sehen Sie die gegenwärtige Politik der Bundesregierung hinsichtlich der Konflikte im Südkaukasus und im Bezug auf den Berg-Karabach Konflikt?
Wir setzen uns sehr für Frieden und Stabilität im Südkaukasus ein. Das geeignete Gesprächsformat ist die Minsker-Gruppe. Deren Arbeit unterstützen wir. Deshalb macht es auch zur Zeit keinen Sinn, andere Gesprächsformate zu etablieren. Wir unterstützen die Forderung nach der Rückgabe rechtswidrig besetzter Territorien.
-Vor ein paar Tagen wurde in den armenischen Medien Informationen verbreitet, dass der Leiter des separatistischen Regimes in Berg-Karabach, Bako Saakyan, im Rahmen seines Besuchs in Deutschland im Bundestag „eine Gruppe von Abgeordneten und Experten“ getroffen und über „bilaterale Beziehungen“ besprochen habe. Nach unseren Informationen hat dieses Treffen mit Ihnen stattgefunden. Als was und mit welchem Status wurde er durch Sie empfangen? Was war der Grund für Sie für diese Begegnung?
Die armenischen Meldungen sind falsch. Es wurde weder eine „Gruppe von Abgeordneten“ getroffen, noch Experten und es wurde auch nicht über bilaterale Beziehungen gesprochen. Deutsche Abgeordnete des Auswärtigen Ausschusses treffen gelegentlich Vertreter von Entitäten, die völkerrechtlich nicht anerkannt sind. Diese Gespräche dienen vor allem dazu, unsere Position deutlich zu machen und unsere Erwartung zum Ausdruck zu bringen, welche Schritte zur Lösung von Konflikten wir uns vorstellen. Das Gespräch kam auf Wunsch und unter Beteiligung des armenischen Botschafters zustande. Es handelte sich um ein kurzes Informationsgespräch. Ich habe dabei verdeutlicht, dass seitens der Bundesrepublik Deutschland weder bilaterale Beziehungen, noch gar eine statusrechtliche Aufwertung in Betracht kommen.
-Die Bemühungen der Minsker Gruppe der OSZE um eine friedliche Lösung des Konfliktes zeigen zurzeit keine Ergebnisse. Die Besetzung von 20% des aserbaidschanischen Territoriums setzt sich fort und die Heimatrechte der aus diesen Territorien vertriebenen Bevölkerung werden immer noch verletzt. Um das zu überwinden und die Lösung des Berg-Karabach Konflikts in nächster Zukunft voranzubringen sind für Sie welche Schritte notwendig?
In dem Gespräch wurde verdeutlicht, dass die Rückgabe besetzter aserbaidschanischer Gebiete Bedingung für eine friedliche Lösung des Konfliktes ist. Die Vertreibung von Volksgruppen und die Annektierung besetzter Gebiete lehnen wir als rechtswidrig ab. Die Zukunft kann nur auf der Basis von Gewaltverzicht und Schutz der Zivilbevölkerung liegen. Wir befürworten gemäß den Vorschlägen innerhalb der Minsker-Gruppe ein entsprechendes Engagement der internationalen Staatengemeinschaft.
-Wir bedanken uns bei Ihnen für das Interview und möchten als letztes noch fragen, welche Bereiche in den deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen sehen Sie, wo man noch größeres Potenzial erschließen und die Zusammenarbeit intensiveren könnte?
Wir haben große Potentiale im Ausbau einer Modernisierungspartnerschaft zwischen Aserbaidschan und Deutschland. Unsere Unternehmen sind technologisch führend und können entscheidendes zum weiteren Aufbau einer starken aserbaidschanischen Wirtschaft leisten. Hierfür stehen sie bereit. Das gilt ebenso für eine Energiepartnerschaft, wie für weitere Bereiche, zum Beispiel dem Gesundheitswesen. Ich selbst spreche mit vielen deutschen Unternehmen und ermutige sie zu einem stärkeren Engagement in Aserbaidschan. Kritische Punkte sollten wir ganz offen ansprechen - das schafft Vertrauen und vermeidet Missverständnisse. In Zusammenarbeit mit der sehr aktiven aserbaidschanischen Vertretung in Deutschland und anderen Organisationen können wir noch viel für die weitere beeindruckende Entwicklung Ihres Landes tun.