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Orchideen täuschen Belohnung vor
Baku, den 27. Juni (AZERTAG). Diese Blumen sind Blender auf ganzer Linie. Manche Orchideen sehen Gewächsen sehr ähnlich, die Nektar produzieren. So locken die Täuscher Insekten zur Bestäubung an. Neue Untersuchungen zeigen, wie perfekt die Pflanzenillusion ist.
Viele Orchideenarten in den amerikanischen Tropen verdanken ihre Verbreitung einer geschickten Täuschung. Wie andere Pflanzen locken auch sie ihre Bestäuber - Insekten oder Kolibris - mit bunten Farben an. Dann aber folgt die Enttäuschung. Anstelle von süßem Nektar gibt es bei den gelb blühenden Orchideen keine Belohnung.
Trotzdem haben sie auch langfristig Erfolg. Denn sie ahmen das Aussehen anderer Pflanzen, die Nektar liefern, perfekt nach, berichten britische Biologen in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society. Diese Nachahmung geht erstaunlich weit, sagte Vincent Savolainen vom Imperial College London in Ascot. Bekannt ist das Phänomen als sogenannte Mimikry.
Savolainens Forschergruppe untersuchte verschiedene Orchideen aus der Gruppe der Oncidiinae, darunter Trichocentrum ascendens und Oncidium nebulosum. Sie verglichen deren Farbe und Form mit dem Aussehen nektarliefernder Bäume und Sträucher der Familie der Malpighiaceae.
Nur eine perfekte Täuschung funktioniert auf Dauer - Aufnahmen eines Spectrofotometers zeigten, dass das reflektierte Farbspektrum der Orchideenblüten praktisch identisch zu dem der Bäume war - und zwar im gesamten Frequenzbereich, den die Bestäuber wahrnehmen können. Aus der Sicht einer tropischen Biene gibt es also keinen farblichen Unterschied zwischen Orchidee und Baum.
Auch die Blütenform der Orchideen ähnelt der von nektarliefernden Baumarten erstaunlich stark. Das macht die Illusion der Pflanzen nahezu perfekt. Die Forscher sehen darin eine wichtige Voraussetzung für eine häufige Bestäubung ganz ohne Belohnung.
Diese Art der Fälschung scheint im Laufe der Evolution mehrfach vorgekommen zu sein, sie findet sich in mindestens 14 verschiedenen Arten in der untersuchten Orchideen-Gruppe, berichtet Savolainen. Sie könnte einer der Gründe für den Artenreichtum der Orchideen sein.