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Deutschland: Früherer Bundespräsident Horst Köhler ist tot

Berlin, 1. Februar, AZERTAC
Der frühere Bundespräsident (2004 - 2010) Horst Köhler ist tot. Am Samstag starb er im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Berlin, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Köhler war am 23. Mai 2004 zum Staatsoberhaupt gewählt und fünf Jahre später im Amt bestätigt worden. Am 31. Mai 2010 trat er jedoch überraschend zurück.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Verstorbenen in einem Kondolenzschreiben an seine Witwe Eva Luise Köhler als "einen Glücksfall" für Deutschland. "Sein von Anfang an unermüdliches, ja leidenschaftliches Eintreten für Afrika gehörte ebenso untrennbar zu ihm wie seine Solidarität mit den Schwächsten."
Mit Köhler, der der CDU angehörte, übernahm erstmals kein Berufspolitiker das höchste Amt im Staat. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hatte 1976 eine Beamtenlaufbahn im Bundeswirtschaftsministerium begonnen und wurde 1990 nach verschiedenen anderen Stationen Staatssekretär im damals von Theo Waigel (CSU) geführten Bundesfinanzministerium. Köhler war unter anderem deutscher Chefunterhändler für den Maastricht-Vertrag über die Europäische Währungsunion.
1993 wechselte er in die Finanzwelt, zunächst als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, dann als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London. 2000 wurde er Chef des Internationalen Währungsfonds.
2004 wurde Köhler als Nachfolger von Johannes Rau neunter Bundespräsident. 2009 wählte ihn die Bundesversammlung erneut. Sein Rücktritt mit sofortiger Wirkung nur ein Jahr später war einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik.
Zu seinem Rücktritt führte ein Interview im Sender Deutschlandradio Kultur (heute Deutschlandfunk Kultur), in dem er so verstanden wurde, dass er Auslandseinsätze der Bundeswehr auch zur Sicherung freier Handelswege befürworte. Kritiker warfen ihm vor, er habe so auch den Afghanistan-Einsatz gerechtfertigt, was Köhler dementierte. Er sah durch die Kritik sein Amt irreparabel beschädigt und zog die Konsequenzen.
Vertreter aus vielen gesellschaftlichen Bereichen haben den verstorbenen Alt-Bundespräsidenten Köhler gewürdigt. Von einem "klugen Kopf", "engagierten Politiker" und "visionären Staatsmann" ist die Rede.
Bundespräsident Steinmeier betonte in einem Kondolenzschreiben: Es seien vor allem Köhlers Zugewandtheit, sein ansteckendes Lachen und sein Optimismus gewesen, die ihn viele Herzen gewinnen ließen. Dieser habe ein Bild von Deutschland als "Land der Ideen" geprägt, und Köhler werde als "Glücksfall für unser Land" in Erinnerung bleiben.
Bundeskanzler Scholz erklärte, mit Köhlers Tod verliere Deutschland einen "engagierten Politiker", der sich zeit seines Lebens für eine gerechtere Welt eingesetzt habe.