GESELLSCHAFT
Der Herzinfarkt kann im Mund beginnen
Baku, den 25. November (AZERTAG). Entzündetes Zahnfleisch ist keine harmlose Erkrankung im Mund. Es begünstigt einen Herzinfarkt und kurbelt Probleme auch weit abseits im Körper an.
Aktuelle Forschungen belegen, dass der Zustand des Gebisses auch wesentlich zur allgemeinen Gesundheit beiträgt. So haben taiwanesische Kardiologen um Zu-Yin Chen jetzt auf der Jahresversammlung der American Heart Association eine Studie vorgestellt, die keine Zweifel daran lässt, dass professionelle Zahnpflege nicht nur für ein schöneres Lächeln sorgt, sondern auch Herz und Hirn vor nachhaltigen Schäden schützt.
Das Forscherteam vom Veterans General Hospital in Taipeh analysierte die Krankenversicherungsdaten von über 100.000 Personen, und zwar aus einem durchschnittlichen Zeitraum von sieben Jahren.
Alle Probanden hatten zu Beginn des Zeitraums keinerlei Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Die eine Hälfte unterzog sich dann mindestens einmal jährlich einer professionellen Zahnreinigung, während sich die andere Hälfte ausschließlich auf ihre heimische Bürstenarbeit verließ.
Das Ergebnis: Wer die Prozedur beim Zahnarzt in Anspruch nahm, entwickelte ein um 13 Prozent geringeres Schlaganfallrisiko - und sein Risiko für einen Herzinfarkt war sogar um 24 Prozent kleiner. Was konkret bedeutet, dass eine professionelle Zahnreinigung für den Schutz des Herzens ähnlich wichtig ist wie körperliche Bewegung.
Für Parodontologin Nicole Pischon vom Berliner Universitätsklinikum Charité sind die Ergebnisse der taiwanesischen Studie daher auch „etwas Besonderes“. Denn bisher sei zwar nachgewiesen, dass die Behandlung einer schon bestehenden Parodontitis, bei der bereits der Zahnhalteapparat angegriffen ist, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermindert. Doch die neue Studie zeige nun auch, dass bereits eine gründliche vorsorgende Mundhygiene zu diesem Schutz beitragen kann, sagt Pischon.
Dass umgekehrt eine mangelhafte Zahnhygiene schwer krank machen kann, bestätigt eine schwedische Untersuchung an knapp 8000 Probanden, die jetzt ebenfalls von der American Heart Association vorstellt wurde. Hier zeigten Personen mit weniger als 21 Zähnen ein um 69 Prozent höheres Herzinfarktrisiko im Vergleich zu jenen Probanden, die noch mit einem fast kompletten Gebiss ausgestattet waren.
Doch selbst, wenn der Zahnhalteapparat noch nicht angegriffen ist, können Entzündungen auf die Blutgefäße schlagen. Die schwedischen Forscher fanden nämlich auch heraus: Je höher die Anzahl der für eine beginnende Entzündung typischen Zahnfleischtaschen, umso höher das Infarktrisiko.
„Die Personen mit den meisten Taschen hatten ein um 53 Prozent größeres Risiko als die mit den wenigsten Taschen“, warnt Studienleiter Anders Holmlund. Es reicht also schon die oberflächliche und „triviale“ Zahnfleischentzündung (Gingivitis), um das Herz durchaus ernsthaft in Gefahr zu bringen.