GESELLSCHAFT
Die hilfreiche Wirkung der Schmerzmedizin Cannabis
Baku, den 25. Januar (AZERTAG). Verhärtete Fronten prägen die Debatte um Cannabis. Die Medikamente aus der Pflanze haben sich in der Medizin bewährt und sind zugelassen.
Die Linke will spezielle Klubs, die das Rauschmittel Cannabis - ohne finanziell davon zu profitieren - für ihre Mitglieder herstellen; die Grünen wollen Drogenfachgeschäfte mit geschultem Personal. Doch beide wollen vor allem eine Lockerung der gesetzlichen Verbote, die den Anbau, Verkauf und Besitz bisher unter Strafe stellen. Der erste Schritt dazu ist getan. Der Bundestag hat das Thema auf seiner Agenda und hört sich Experten dazu an. Doch die Fronten sind verhärtet.
Während die Befürworter der Gesetzeslockerung darauf verweisen, dass Marihuana, Hasch und andere aus Hanf herstellte Drogen keineswegs gefährlicher seien als Alkohol oder Nikotin, betrachten ihre Gegner sie als Suchtmittel mit großem Schädigungspotenzial für die Gesundheit. Eine Annäherung dieser Lager ist nicht in Sicht - und die wissenschaftliche Datenlage kann die Diskussionen auch nicht gerade entschärfen.
Auf der Pluspunkteskala steht zweifelsohne die schmerzhemmende Wirkung. Getragen wird sie durch Tetrahydrocannabinol (THC), das am Cannabinoid-System des Körpers andocken und auf diese Weise Schmerzen und Entzündungen lindern kann. Menschen mit Krebs, Arthritis oder schweren Nervenerkrankungen können also vom Cannabiskonsum profitieren.
Weil die Cannabinoid-Rezeptoren zudem an tieferen Hirnschichten sitzen, werden der Pflanze noch bei zentralen Bewegungsstörungen Chancen eingeräumt. Wie etwa bei multipler Sklerose und dem Tourettesyndrom, bei dem die Patienten Tics wie Zuckungen und unwillkürliches Grimassenschneiden entwickeln.
Daneben haben sich Cannabiswirkstoffe in der Palliativmedizin bei Therapie-ausgelöster Übelkeit oder Erbrechen, Appetitlosigkeit sowie auszehrungsbedingtem Gewichtsverlust bei Aids und Krebs bewährt“, erklärt Schmerzmediziner Hans-Georg Kress von der Universitätsklinik Wien.
Doch das bedeutet letzten Endes nur, dass jetzt entsprechende Arzneimittel hergestellt und vom Arzt verordnet werden können. Das Rauchen von Haschpfeifen oder Marihuana - auch wenn es zum Zweck der Selbstmedikation geschieht und wesentlich preiswerter ist als ein vergleichbares Pharmazeutikum - ist damit jedoch nicht gemeint.
Doch genau an solchen Aussagen reibt man sich im Lager derjenigen, die eine Lockerung der gesetzlichen Cannabisbestimmungen fordern. Unterstützung erhalten sie von einer Langzeitstudie, die Anfang des Jahres vom amerikanischen Ärzteblatt JAMA veröffentlicht wurde.
Darin wurden die Lungenfunktionen von über 5000 jungen Männern und Frauen untersucht, von denen etwa ein Drittel regelmäßig einen Joint rauchte. Das Ergebnis: Während die „normalen“ Zigarettenraucher im Laufe von 20 Jahren immer schlechter in den Atemfunktionen wurden, zeigte sich bei den Cannabisnutzern kaum eine Veränderung.
Die mäßigen Marihuana-Raucher - mit einer Wochendosis von zwei bis drei Joints pro Woche - verbesserten sogar ein wenig ihre Lungenwerte. Studienleiter Mark Pletcher von der University of California hat daher „aus pulmologischer Sicht keine Bedenken“ gegen Joints und Haschischpfeifen. Doch er betont, dass dies nicht für den psychischen Bereich gelte, wo die Studienlage nämlich ganz anders aussieht.
So ist schon länger bekannt, dass Jugendliche mit psychotischen Symptomen wie einer Schizophrenie überdurchschnittlich oft Cannabis konsumieren. Doch bisher blieb offen, ob der Drogengebrauch Folge oder Ursache der Erkrankung ist. Eine internationale Studie hat diese Frage nun klären können.
Das Forscherteam unter Jim van Os von der Universität Maastricht beobachtete zehn Jahre lang eine repräsentative Gruppe junger Menschen, wobei man insbesondere darauf achtete, dass unter ihnen niemand war, der bereits vor Studienbeginn psychisch auffällig oder ein Drogenkonsument war.