SPORT
Formel 1 hat ambitionierte Ziele bis 2030
Baku, 12. November, AZERTAC
Vom Klimasünder zum Retter der Umwelt? Die Formel 1 will schon in elf Jahren zum Vorreiter werden und CO2-neutral unterwegs sein - und zwar nicht nur auf der Rennstrecke.
Sebastian Vettel werden sie wohl nicht fragen. Sollte die Formel 1 bald einen Botschafter für ihre neue Umwelt-Kampagne suchen, dann gibt es bessere Kandidaten. Vettel wünscht sich die laute, schmutzige, rohe Königsklasse vergangener Tage zurück - die Formel 1 will nun aber schon ziemlich bald das genaue Gegenteil sein: Klimaneutral ab dem Jahr 2030, und zwar auf und neben der Strecke.
Auch die Königsklasse des Motorsports will sich dem Trend nicht mehr verschließen. Sie erkenne mit ihrer "ersten Nachhaltigkeits-Strategie die wichtige Rolle an, die alle Organisationen spielen müssen, um dieses globale Problem anzugehen", sagte Formel-1-Chef Chase Carey.
Am Dienstag stellte die Serie ihren ambitionierten Plan vor, der auch nachhaltige Events ohne jeden Plastikmüll ab 2025 vorsieht - und wagt nun im großen Stil einen Spagat: Der Sport, der wie kein anderer als ewiggestriger Klimasünder gilt, will bald nicht nur weniger schädlich sein. Er will als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit wahrgenommen werden.
"In ihrer 70-jährigen Geschichte hat die Formel 1 Pionierarbeit für zahlreiche Technologien geleistet, die der Gesellschaft geholfen und zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes beigetragen haben", sagte Carey: "Von der Arbeit profitieren die Straßenautos. Nur wenige wissen, dass die aktuellen Hybrid-Motoren die effizientesten der Welt sind."
Schon jetzt erziele kein Motor aus weniger Benzin mehr Leistung als die Formel-1-Antriebe: "Daher können wir dabei helfen, den ersten klimaneutralen Hybrid-Verbrennungsmotor zu entwickeln, der den weltweiten Ausstoß deutlich verringern würde."
Auf dem Weg zur einer klimaneutralen Formel 1 werden es die Motoren allein allerdings nicht richten. Gut 256.000 Tonnen CO2, so rechnen die Macher vor, produzierte die Königsklasse im Jahr 2018. 0,7 Prozent davon stießen die Boliden aus.
Formel 1 setzt auf "ultra-effiziente Logistik" - Die Formel 1 ist vor allem deshalb schmutzig, weil sie das ganze Jahr über Tausende Mitarbeiter und tonnenweise Material rund um den Globus bewegt, in der Luft und auf den Straßen. In der kommenden Saison wird die Rekordzahl von 22 Rennen erreicht, in naher Zukunft plant der Serien-Eigner Liberty Media gar 25 WM-Läufe.
Diesem Problem wollen die Macher begegnen, bleiben in den Ankündigungen aber recht diffus. Man wolle "ultra-effiziente Logistik" etablieren und die Transportmöglichkeiten mit dem geringsten CO2-Ausstoß wählen. Die "nicht vermeidbaren" Ausstöße - die den Großteil ausmachen - sollen dann durch nicht näher benannte Methoden der Klimakompensation, wie etwa Aufforstung, aufgefangen werden.
Immerhin, den optimalen Botschafter für das neue Projekt muss die Formel 1 eigentlich gar nicht lange suchen: Der Weltmeister hat sich diesem Thema ja längst verschrieben. Lewis Hamilton, einst der Inbegriff des Jet-Setters, entdeckte den Umweltschutz für sich und wirbt für einen CO2-neutralen Lebenswandel.
Und wie die Formel 1 muss er das den Menschen erst einmal erklären. Er hat seinen Privatjet verkauft und ernährt sich vegan, trotzdem sei es "nicht einfach, denn natürlich reisen wir um die Welt und fahren Formel-1-Autos", sagte der Mercedes-Star kürzlich: "Unser CO2-Fußabdruck ist höher als der des Durchschnittsbürgers. Aber deshalb sollte man ja keine Angst davor haben, über Wege für einen positiven Wandel zu sprechen."