Hohes Pandemierisiko: Virologen warnen vor ernster Bedrohung durch Affenpocken

Baku, 5. April, AZERTAC
Ein zu leichtfertiger Umgang mit dem Virus könnte Mpox zu einer ernsten globalen Gesundheitsbedrohung werden lassen, warnt ein britisches Forscherduo im Fachmagazin „Nature Medicine“. Zwar sei keine eindeutige Vorhersage zu Entwicklung und Auswirkungen möglich, es gebe jedoch klare Hinweise auf ein hohes Epidemie- oder sogar Pandemierisiko.
Dazu zählten die Fähigkeit des Virus, von Mensch zu Mensch übertragen zu werden, die vier unabhängig voneinander anhaltenden Ausbrüche verschiedener Variationen und die außerordentlich hohe Rate von Übergängen der Variante „Ia“ vom Tier zum Menschen.
Den Beitrag über die Mpox-Gefahr können Sie hier nachlesen: Mpox poses an ever-increasing epidemic and pandemic risk - Intime Kontakte sind wichtige Verbreitungsart - Die aktuell kursierenden Mpox-Varianten werden überwiegend durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen, hauptsächlich beim Sex. Das Infektionsgeschehen konzentriert sich derzeit auf bestimmte afrikanische Länder. Erst kürzlich meldete aber etwa das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Berlin, dass sich in der Hauptstadt seit Jahresbeginn mehr als viermal so viele Menschen nachweislich mit Mpox infiziert haben wie in den zwei Jahren zuvor, wie AZERTAC unter Berufung auf Spiegel berichtete.
Bis zum 23. März wurden demnach 43 Fälle gemeldet. Betroffen seien ausschließlich Männer, im Durchschnitt 34 Jahre alt. Und für die kommenden Monate ist nicht mit Entspannung zu rechnen: „In den vergangenen Jahren haben internationale Großveranstaltungen und Festivals für Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, im Frühjahr und Frühsommer zu längeren Übertragungsketten beigetragen“, hieß es vom Lageso.
Schwache Gegenmaßnahmen lassen das Epidemierisiko steigen - Die Bekämpfung von Mpox müsse auf der globalen Gesundheitsagenda nach oben rücken, ist Maluquer de Motes überzeugt. Bisher seien nur begrenzte Diagnoseinstrumente und noch weniger antivirale Behandlungen verfügbar. „Wir brauchen dringend eine bessere Überwachung und lokale oder regionale Kapazitäten, um das zu produzieren, was wir brauchen – sonst riskieren wir künftige Epidemien.“
Das Virus scheine spezifische genetische Mutationen zu entwickeln, die durch Enzyme im menschlichen Körper ausgelöst werden und die viralen Eigenschaften verändern, erläutert der Virusforscher zusammen mit David Ulaeto vom CBR Division, Defence Science and Technology Laboratory in Salisbury in „Nature Medicine“. „Je länger diese Viren unter uns zirkulieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Mutationen dazu beitragen, dass sich Mpox an den Menschen anpasst.“
Weltgesundheitsorganisation erklärte „gesundheitliche Notlage“ - In einem entscheidenden Punkt unterscheiden sich Mpox und Pocken, wie die Forschenden Maluquer de Motes und Ulaeto erläutern: Das Mpox-Virus hat tierische Reservoire – was bedeutet, dass es selbst mit groß angelegten Impfkampagnen nicht vollständig ausgerottet werden könnte. „Wenn die Mensch-zu-Mensch-Übertragung unterbrochen wird, bleibt das Reservoir der Nagetiere eine Quelle für neue Ausbrüche.“ Der Erreger könne also immer wieder aufs Neue die globale Gesundheit bedrohen. Dass es zu weiteren weltweiten Epidemien kommt, sei wahrscheinlich.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte im Februar entschieden, die Mpox-Lage weiter in die höchste Alarmstufe, als „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ (PHEIC), einzustufen. Konkrete Folgen hat das nicht, soll aber die internationale Aufmerksamkeit erhöhen.
Werde der Kampf gegen das Virus in Afrika von der internationalen Gemeinschaft nicht verbessert und intensiviert, bleibe die Zukunft von Mpox der Natur und dem Zufall überlassen, warnen Maluquer de Motes und Ulaeto. „Über den Zufall können wir uns nicht äußern, aber unser Verständnis der Natur lässt vermuten, dass Mpox nicht stillstehen und auch nicht verschwinden wird, wenn man es in Ruhe lässt.“
Zwar gibt es schützende Impfstoffe , die das Risiko für einen Ausbruch der Krankheit senken und den Krankheitsverlauf abmildern. An der Verfügbarkeit in Afrika mangelt es aber, ebenso wie an Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.