GESELLSCHAFT
Kontaktlinsen könnten Bildschirme ersetzen
Baku, den 13. Dezember (AZERTAG). Statt auf ein Display zu sehen, könnten künftig Linsen Informationen direkt auf die Netzhaut projizieren. Ob Wecker, Handy oder Armaturenbrett - vieles würde überflüssig.
Superhelden haben diese Technologie schon lange, doch in nicht allzu weit entfernter Zukunft könnte sie auch für den normalen Bürger verfügbar sein: die bionische Kontaktlinse. Auf den ersten Blick eine ganz normale Kontaktlinse, wie man sie zur Korrektur von Sehfehlern verwendet. Und doch enthält sie Elektronik, die durchaus aus einem Science-Fiction-Film stammen könnte.
Entwickelt wurde die bionische Kontaktlinse von Wissenschaftlern der Universität von Washington in Seattle (USA) und der finnischen Aalto-Universität in Espoo. „Zum ersten Mal haben wir es geschafft, das Display in einem lebenden Auge zu steuern und es kabellos mit Energie zu versorgen“, erklärt Babak Parviz, einer der Autoren der Studie, die im „Journal of Micromechanics and Microengineering“ veröffentlicht wurde.
„Wenn Sie durch die fertige Linse schauen, können Sie das, was das Display anzeigt, als Überlagerung auf der Welt da draußen sehen“, sagt Parviz, Dozent für Elektrotechnik an der University of Washington. „Dies ist ein sehr kleiner Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel, aber ich denke, es ist alles sehr vielversprechend.“
Sieben Jahre Arbeit stecken hinter der futuristisch anmutenden Idee, Informationen auf einer Kontaktlinse anzeigen zu können. Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen haben zusammengearbeitet, um alle Fachbereiche des Projekts abzudecken. Die große Herausforderung, der sich die Forscher stellten, ist es, die elektronischen Komponenten so auf der Kontaktlinse unterzubringen, dass sie den Träger nicht stören oder das Auge gar verletzen können.
Je kleiner die einzelnen Bestandteile, desto besser: Viele Einzelteile sind mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen, manche Drähte sind etwa tausend Mal dünner als ein menschliches Haar. Das Display auf der Linse besteht aus einer Antenne, einem Stromkreis, auf dem Energie auch gespeichert werden kann, verschiedenen Schichten zur Isolation und einer speziell entwickelten Diode.
Die Diode ist auf einem Saphir-Chip befestigt und hat einen Durchmesser von gerade einmal einem Drittel Millimeter. Im aktuellen Versuch erstrahlt sie in einem hellen Blau, in einem vorherigen hatten die Wissenschaftler mit einer rot leuchtenden experimentiert.
Das menschliche Auge kann sich nur auf das fokussieren, was mindestens einige Zentimeter von ihm entfernt ist. Damit man Informationen, die fast direkt auf der Netzhaut angezeigt werden, überhaupt scharf sehen kann, bedarf es einer Extralinse, die auf der Kontaktlinse angebracht ist. Diese sogenannte Fresnel-Linse fokussiert Bilder von der Kontaktlinse auf die Netzhaut (Retina). In anderen Forschungseinrichtungen wurde bereits gezeigt, dass mit Hilfe der Fresnel-Linse auch mehrere hundert Pixel zu sehen sind.
Ein großes Problem der Wissenschaftler stellte die Stromversorgung dar. Eine Batterie auf der Kontaktlinse gibt es nicht, dafür ist diese viel zu klein. Die Stromversorgung erfolgt daher drahtlos mit Hilfe von Hochfrequenzstrahlung. Diese wird von der eingebauten Antenne eingefangen und an den Chip weitergegeben.