GESELLSCHAFT
Medizin-Nobelpreis für drei Erforscher des Immunsystems
Baku, den 4. Oktober (AZERTAG). Der Nobelpreis für Medizin ist in diesem Jahr drei Wissenschaftlern auf dem Gebiet des menschlichen Immunsystems zuerkannt worden. Der Kanadier Ralph Steinman, der den Preis gemeinsam mit dem US-Forscher Bruce Beutler und dem in Luxemburg geborenen Franzosen Jules Hoffmann erhalten sollte, starb aber bereits am Freitag an den Folgen von Krebs, wie sein Arbeitgeber mitteilte.
„Die diesjährigen Nobelpreisträger haben unser Verständnis des Immunsystems revolutioniert, indem sie zentrale Prinzipien seiner Aktivierung entdeckt haben“, erklärte die Nobel-Jury des Karolinska-Instituts am Montag in Stockholm. Mit ihrer Forschung hätten die drei Wissenschaftler den Weg für die Vorbeugung und neue Therapien bei der Bekämpfung von Infektionen, Krebs und Entzündungskrankheiten bereitet. So hätten auf Grundlage der Arbeit der Forscher bessere Impfstoffe und Therapieansätze im Kampf gegen Krebs entwickelt werden können.
Wenige Stunden, nachdem die Auszeichnung Steinmans bekanntgegeben wurde, teilte die New Yorker Rockefeller-Universität aber mit, am Morgen von der Familie des Wissenschaftlers über seinen Tod informiert worden zu sein. Der 68-Jährige hatte demnach seit vier Jahren an Bauchspeichelkrebs gelitten und dank einer auf seiner eigenen Forschung basierenden Immuntherapie noch mehrere Jahre leben können. Universitäts-Präsident Marc Tessier-Lavigne sprach angesichts des Todes Steinmans von einer „bittersüßen“ Nachricht aus Stockholm.
Die Nobel-Jury war nach Angaben ihres Vorsitzenden Göran Hansson vor ihrer Entscheidung nicht über Steinmans Tod informiert. Der Preis kann den Regeln zufolge eigentlich nicht posthum verliehen werden. Hansson bekräftigte aber gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT, an der Auszeichnung Steinmans festzuhalten. „Wir werden keine neuen Gewinner ernennen, das war unsere Entscheidung“. Es sei traurig, dass Steinman nicht die Freude über seine Auszeichnung habe genießen können.
Der 55-jährige Beutler, Professor am Scripps-Forschungsinstitut im kalifornischen La Jolla, und der 70 Jahre alte Hoffmann, der jahrzehntelang für das staatliche französische Forschungsinstitut CNRS arbeitete, teilen sich eine Hälfte des Preisgeldes in Höhe von zehn Millionen Kronen (knapp 1,1 Million Euro). Sie werden für die Entdeckung von Rezeptor-Proteinen geehrt, die in den Körper gelangte Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger erkennen. Diese aktivieren dann das sogenannte angeborene Immunsystem, was der erste Schritt der Abwehrreaktion des menschlichen Körpers ist. Dabei kann der Angriff der Mikroorganismen etwa durch Entzündungsreaktionen gestoppt werden.
Als zweiten Strang des Immunsystems hat der Mensch zudem eine sogenannte adaptive, also anpassungsfähige Immunabwehr, die speziell auf bestimmte Krankheitserreger reagiert. Dabei bilden T- und B-Lymphozyten, kurz T- oder B-Zellen genannt, Antikörper und Killerzellen, die wiederum infizierte Zellen zerstören. Außerdem entwickelt der Körper so etwas wie ein Gedächtnis, das es ihm erlaubt, bei einer späteren erneuten Infektion mit dem gleichen Krankheitserreger schneller zu reagieren. Der Kanadier Steinman wurde für seine Forschung auf dem Gebiet dieses adaptiven Immunsystems geehrt. Er hatte in den 1970er Jahren die sogenannten dendritischen Zellen entdeckt und ihre Rolle bei der Aktivierung von T-Zellen erforscht.