GESELLSCHAFT
Mediziner arbeiten an Hepatitis-C-Impfstoff aus Affenviren
Baku, den 7. Januar (AZERTAG). Seit Jahren suchen Forscher nach einem Schutz vor Hepatitis-C-Viren. Nun haben sie eine Vakzine entwickelt, die der Mensch verträgt. Ob sie wirkt, wird nun getestet.
Hepatitis C ist eine stille Seuche, die sich weltweit ausgebreitet hat. Bis zu 170 Millionen Menschen tragen den tückischen Erreger in sich, 350.000 sterben jedes Jahr nach einer Infektion an Leberschäden, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Meist werden die äußerst variablen Viren über das Blut übertragen, etwa durch Drogenbesteck oder belastete Blutkonserven. Nur mit neuen und teuren Medikamenten können Folgeerkrankungen im Zaum gehalten werden. Anders als bei Hepatitis A und B gibt es keine Impfung gegen die C-Varianten. Nun wagen Wissenschaftler erneut einen Anlauf, um eine Vakzine zu finden - mit ersten Erfolgen.
Ein neuartiger Impfstoff gegen die das Hepatitis C-Virus (HCV) hat sich in einem ersten Test an gesunden Menschen als gut verträglich erwiesen. Das Präparat nutzt gentechnisch veränderte Viren aus Schimpansen, um das menschliche Immunsystem gegen HCV zu mobilisieren. Zwei Forschergruppen berichten nun im Magazin Science Translational Medicine, wie sie das passende Affen-Virus identifizierten und dieses zum experimentellen Impfstoff entwickelten.
Das Team um den Wissenschaftler Alfredo Nicosia vom Biotechnik-Unternehmen Okairos in Rom präsentieren neue Adenoviren aus Schimpansen, die sich als Genfähren einsetzen lassen. Damit können etwa Bausteine von Viren in einen Organismus gebracht werden, dessen Immunsystem dann die Bekämpfung vorbereitet. Normalerweise lösen Adenoviren etwa Schnupfen aus. Menschliche Varianten sind als Transportvehikel für Genbestandteile von Erregern meist ungeeignet. Sie sind dem Immunsystem bereits bekannt und werden samt ihrer Fracht rasch ausgeschaltet. Ein Schutz kann aber nur entstehen, wenn die eingeschleusten feindlichen Gene - etwa des Hepatitis C-Erregers - abgelesen und in Proteine umgesetzt werden.
Klinische Versuche mit Menschen sind geplant. Nicosia und Kollegen isolierten deshalb Erreger aus den Ausscheidungen von Schimpansen, den nächsten Verwandten des Menschen. Die Varianten ChAd3 und PanAd3 stellten sich als aussichtsreiche Kandidaten heraus, erklären die Forscher. Eine Gruppe um Paul Klenerman von der Universität von Oxford nutzte ChAd3, um Bausteine des Hepatitis C-Virus in gesunde Versuchspersonen einzuschleusen. Der Impfstoff erwies sich in dieser frühen klinischen Phase I als sicher und gut verträglich, wesentliche Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet, schreibt Klenerman.
Ob das neue Präparat beim Menschen tatsächlich wirkt, muss sich noch zeigen. „Die große und noch offene Frage ist, ob dieser Impfstoff die Zahl von Neuansteckungen in der geimpften Population verringert“, schreibt Michael Houghton vom Li Ka Shing Institute of Virology an der Universität von Alberta im kanadischen Edmonton in einem Begleitartikel. Ihm zufolge sind weitere klinische Versuche mit Drogenabhängigen geplant, die ein besonders hohes Risiko haben, sich zu infizieren.
Beide Forschergruppen knüpfen ihre Ergebnisse auch an finanzielle Interessen. Nicosias Arbeitgeber Okairos ist etwa eine Ausgründung des Pharmakonzerns Merck. Gemäß den Statuten des Magazins Science Translational Medicinegeben die Wissenschaftler diesen möglichen Konflikt klar an.