GESELLSCHAFT
EHEC-Epidemie soll auf rohe Sprossen zurückgehen
Baku, den 5. Juni (AZERTAG). Das Gesundheitsministerium in Hannover hat einen Betrieb ermittelt, der für die EHEC-Welle verantwortlich sein könnte. 18 Sprossen-Sorten sind verdächtig.
In Niedersachsen gibt es eine neue Spur zur Herkunft des aggressiven EHEC-Erregers. Demnach könnten Sprossen die Ursache für die EHEC-Epidemie mit bisher 21 Toten in Deutschland sein.
Auf einer Pressekonferenz gab Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann (CDU) Details bekannt. Die Sprossen seien direkt oder über Zwischenhändler an Restaurants in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Niedersachsen geliefert worden, sagte er.
Ein Gartenbaubetrieb aus dem Landkreis Uelzen könnte dabei eine Quelle für die Ehec-Darminfektionen sein. Der betroffene Gartenbaubetrieb in Bienenbüttel verarbeitet demnach Saatgut aus Deutschland, anderen europäischen Ländern und aus Fernost zu Sprossenmischungen - zumeist für Salate.
Dabei wird das Saatgut in Trommeln mit Feuchtigkeit bei 37 Grad angezogen. „Das sind natürlich ideale Bedingungen auch für alle andern Keime“, sagte Lindemann.
Von dem Hof im Kreis Uelzen stehen 18 Sprossenmischungen unter Verdacht. Unter anderem handelt es sich um die Keimlinge von Brokkoli, Erbsen, Kichererbsen, Knoblauch, Linsen, Mungobohnen, Radieschen und Rettich. Auch Sprossen-Mischungen wurden von dem Betrieb geliefert.
Bislang ist der EHEC-Erreger in Sprossen allerdings noch nicht labortechnisch nachgewiesen. Ein Ergebnis werde am Montagvormittag erwartet, so Agrarminister Lindemann. Es könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die mit dem EHEC-Erreger kontaminierte Ware bereits vollständig verarbeitet und abverkauft sei.
Mehr als einen Monat nach Beginn der Erkrankungswelle ist noch unklar, wie sich der Erreger verbreiten konnte. Der Ärztliche Direktor der Berliner Charité, Ulrich Frei, kritisierte im „Tagesspiegel“ die Arbeit des Robert-Koch-Instituts (RKI). Die Charité habe erst in dieser Woche Fragebögen für die EHEC-Patienten bekommen. „Das reicht nicht. Man hätte die Patienten interviewen sollen“, sagte er.
Woran kann ich erkennen, dass ich an EHEC erkrankt bin?
Eine EHEC-Infektion kann sich zeigen als unblutiger, meist wässriger Durchfall. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen, seltener Fieber. Bei 10 bis 20 Prozent der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform ein Durchfall mit krampfartigen Bauchschmerzen, blutigem Stuhl und teilweise Fieber. Die Infektion kann aber auch ohne Beschwerden verlaufen und somit unerkannt bleiben. Treten auch nur einzelner dieser Symptome auf, ist auf jeden Fall ein Arzt zu konsultieren. Auch alle Apotheken beraten.
Warum sind besonders Frauen von EHEC-Infektionen betroffen?
Da als Quelle für die EHEC-Infektionen kontaminiertes Gemüse identifiziert wurde, kann man annehmen, dass Frauen deshalb häufiger betroffen sind, weil sie sich bei der Reinigung und Zubereitung des Gemüse infizieren konnten. Und die machen Frauen immer noch häufiger als Männer.
Woher stammen die Keime?
Das EHEC-Bakterium befindet sich oftmals im Kot von Nutztieren. Die Infektion kann beim direkten Kontakt mit Tieren aber auch beim Verzehr kontaminierter Lebensmittel - zum Beispiel Rindfleisch oder Rohmilch - übertragen werden. Die aktuellen EHEC-Fälle sollen von Gemüse herrühren, das aus Spanien importiert worden ist.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Prof. Reinhard Burger, nannte bei seinem Besuch im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) neue Zahlen zur EHEC-Epidemie. Demnach sind bundesweit 1526 Menschen EHEC-Fälle bekannt, davon wurde bei 627 das gefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) diagnostiziert.
Insgesamt seien nun 21 Todesfälle durch HUS zu beklagen, sagte Burger. Zahlreiche Patienten schwebten in Lebensgefahr.