GESELLSCHAFT
Nanofrachter vernichten Krebszellen gezielt
Baku, den 26. April (AZERTAG). Chemotherapie ist Gift für den Körper - doch jetzt haben Forscher einen Ansatz gefunden, um die toxischen Medikamente gezielter einzusetzen. Winzige Nanopartikel sollen hochwirksame Wirkstoffe in Tumoren einschleusen, die Krebszellen abtöten und gesundes Gewebe schonen. Die Chemotherapie funktioniert für die Behandlung vieler Krebsarten inzwischen gut. Doch das Problem ist das Gift: Die Substanzen hemmen zwar das Wachstum der unkontrolliert wuchernden Krebszelle, greifen aber auch gesundes Gewebe an. Viele Patienten leiden unter teils schweren Nebenwirkungen.
Einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma haben jetzt Wissenschaftler von der University of New Mexico in Albuquerque gefunden. Es ist ein Ansatz, der die Krebstherapie revolutionieren könnte: Das Team um Jeffrey Brinker hat einen Nanofrachter entwickelt, der mit Medikamenten beladen ist und Krebszellen gezielt abtötet, gesundes Gewebe aber verschont.
Wie die Forscher im Fachblatt "Nature Materials" berichten, wirkt ihre Methode hoch selektiv: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nanopartikel eine Krebszelle finden, sei 10.000 Mal höher als das Andocken an eine gesunde Zelle. Hatten die Frachter ihr Ziel erst einmal gefunden, war es um die Tumorzelle schnell geschehen. Als die Wissenschaftler ihre Wirkstoffe auf eine Kultur von Leberkrebszellen losließen, war sie binnen eines Tages nahezu komplett vernichtet.
Die Idee, mit Hilfe von Nanopartikeln Medikamente gezielt an Ort und Stelle zu transportieren, ist nicht neu. Längst experimentieren Forscher etwa mit magnetisch gesteuerten Nanoteilchen. Doch derartige Wirkstoffpräparate müssen eine ganze Reihe von Kriterien erfüllen; die Anforderungen an das Design der winzigen Frachter sind äußerst kompliziert.
Um die Nanoteilchen gezielt an die Oberfläche von Krebszellen zu lotsen, müssen sie auf ihrer eigenen Oberfläche bestimmte Moleküle tragen, die jene auf den Tumorzellen erkennen. Doch das ruft auch das Immunsystem auf den Plan: Je mehr dieser Marker sich auf der Oberfläche der Zelle befinden, desto eher reagiert die körpereigene Abwehr auf die Fremdpartikel. Im schlimmsten Fall würde sie die wertvollen Frachter zerstören.
Um die Dichte an Oberflächenmolekülen gezielter regulieren zu können, verwenden Forscher Kügelchen, die aus einer doppelschichtigen Fetthülle bestehen, aus sogenannten Liposomen. Diese Hülle ist nicht starr, sondern frei beweglich, so dass man sie präziser mit den Erkennungsmolekülen bestücken kann.