WELT
Columbia – das erste Raumschiff der Generation Golf
Baku, den 12. April (AZERTAG). Das Shuttle war das erste Fahrzeug, das man als Raumschiff bezeichnen kann: Es gab Schlafkabinen und Platz für private Dinge. Jetzt wird es 30 Jahre alt.
Der 12. April bietet uns zwei Jubiläen aus der Raumfahrtgeschichte. Vor 50 Jahren umrundete der erste Mensch, der Sowjetrusse Juri Gagarin, in einer Raumkapsel die Erde. Und vor 20 Jahren, menschlich wie technisch eine Generation weiter, startete mit der „Columbia“ das erste Space Shuttle ins All. Das heißt aber auch, dass die US-Raumfahrtagentur Nasa den ersten Flug ihrer neuartigen Raumfähre im Jahre 1981 am 20. Jahrestag jenes Triumphes der in der Raumfahrt konkurrierenden UdSSR, inszenierte. Nur ein Zufall?
„Ja“, sagt Jesco von Puttkamer“, gebürtiger Deutscher, der seit 1963 an allen großen US-Raumfahrtprogrammen beteiligt war, „echter Zufall, aber die Legende, dass wir absichtlich Juris Datum gewählt hätten, treibt heute noch bei Verschwörungstheoretikern ihr Unwesen“. Der Start war für den 10. April vorgesehen, aber die fünf Bordcomputer, die zur fünffachen Sicherheit in die Columbia eingebaut waren, liefen nicht exakt synchron.
Einer der Rechner meldete dies 20 Minuten vor dem Start, der abgeblasen wurde. Puttkamer erinnert sich gegenüber "Welt Online" noch bestens: „Danach schufteten hundert Computerexperten der Spitzenklasse Tag und Nacht, darunter viele der damals ikonischen Computer-Nerds, mit langen Bärten, Sandalen, ungewaschenen T-Shirts, dicken Brillengläsern, umringt von leeren Coladosen und überlaufenden Aschenbechern. Ich dachte ‚Oh my god’“.
Doch die Nerds schafften es, und so konnte am 12. April los gehen. Mit der Columbia hob zum ersten Mal etwas vom Erdboden ab, was als Raumschiff bezeichnet werden durfte, das erste bemannte Trägersystem, das immer wieder selbst starten konnte. Dagegen waren die Kapseln, in denen Raumfahrer zuvor die Erde umrundeten oder den Mond ansteuerten, egal ob Mercury, Gemini, Apollo, Wostok oder Sojus, vergleichbar mit bemannten Kanonenkugeln, die von Trägerraketen in den schwerelosen Orbit geschossen werden mussten.
Der Systemwechsel brachte gehörigen Zuwachs an Komfort für die Astronauten, die nun auch private Utensilien mit nach oben nehmen konnten, eine größere Auswahl ihrer Lieblingsmusik etwa. Und sie konnten den Luxus von Schlafkabinen genießen. In einem Shuttle war einfach mehr Platz, besonders natürlich im Frachtraum. Ohne die Schwerlasttransporte – pro Aufstieg rund 20 Tonnen – wäre der Aufbau etwa des Hubble-Weltraumteleskops oder besonders der Internationalen Raumstation undenkbar gewesen, auch wenn die Russen ihren Teil mit Sojus-Kapseln und unbemannten Progress-Transporter hinauf schafften.
Die charakteristische Form des Shuttles wird für die Nachwelt zu den großen technischen Ikonen gehören aus den Jahrzehnten rund ums Millennium, es ist das Raumschiff der späten „Generation Golf“, auch wenn insgesamt nur fünf Modelle gebaut wurden. Eine Zeit jenseits der dreißig wird es für das Gefährt nicht geben, der Jubel zum heutigen Geburtstag wird bei der Nasa begrenzt sein, es wird der letzte zu „Lebzeiten“ sein.
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