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Forscher kommen nach mehreren Experimenten mit den Menschenaffen
Baku, 3. Juni, AZERTAC
Schimpansen lieben Gekochtes - und nutzen gezielt eine Art Herd, um es zu bekommen. Versuche zeigen, dass wahrscheinlich auch der Mensch früh das Feuer einsetzte, um Nahrung zuzubereiten.
Geduld, Selbstbeherrschung und Motivation: Ähnlich wie der Mensch besitzen Schimpansen die elementaren kognitiven Fähigkeiten, die für das Kochen von Nahrung notwendig sind. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Forscher nach mehreren Experimenten mit den Menschenaffen.
Während der Versuche saßen die Schimpansen dem Versuchsleiter an einem Tisch gegenüber. Durch Zeigen oder Berührung konnten sie deutlich machen, was sie wollen. In den ersten Experimenten fanden so Felix Warneken vom Department of Psychology der Yale University und seine Kollegin Alexandra Rosati von der Harvard University heraus, dass die Tiere lieber gekochte als rohe Süßkartoffeln fressen.
Dies war auch dann der Fall, wenn die Schimpansen auf die gekochte Nahrung warten mussten und vor die Wahl gestellt wurden: Ein Stückchen rohe Süßkartoffel sofort - oder lieber gekochte Stückchen etwas später?
Zauberbox als Herdattrappe - In weiteren Versuchen arbeiteten die Wissenschaftler mit einer Art Herd und einer Kontroll-Box. Bekamen die Schimpansen ein Stück rohe Süßkartoffel oder Möhre und zeigten auf den „Herd“, legte der Versuchsleiter das Essen dort hinein und schüttelte das Behältnis zehn Mal. Heraus kam ein gekochtes Stück Süßkartoffel oder Möhre. Der Trick dabei war ein doppelter Boden, in dem zuvor ein gekochtes Stück versteckt worden war.
Das Ergebnis: Die meisten Schimpansen entschieden, ihre Nahrung in der Herdattrappe zubereiten zu lassen, anstatt sie sofort zu essen oder in die Kontroll-Box zu legen, in der sie nicht „gekocht“ wurden, berichten die Forscher in den „Proceedings of the Royal Society B“.
Einige Affen waren sogar bereit, ihre Nahrungsmittel in das vorgebliche Kochgerät zu tragen, wenn es in der anderen Ecke des Raumes stand. Ein paar von ihnen warteten bis zu drei Minuten, bis ein Versuchsleiter die Box in den Raum brachte - statt dem Drang, das Futter zu fressen, sofort nachzugeben.
Weitere Experimente zeigten, dass die meisten Schimpansen verstanden, dass nur rohe Lebensmittel in der Box verwandelt wurden, nicht jedoch eine bereits gekochte Süßkartoffel oder ein Stück Holz.
Der erste Koch - Das Fazit der Forscher: Die Tiere lieben Gekochtes und nutzen gezielt eine Art Herd, um es zu bekommen. Insgesamt zeigten die Ergebnisse der Tests, dass Schimpansen viele der für das Kochen notwendigen Fähigkeiten mit uns teilen, so Warneken und Rosati.
Die Tatsache, dass die Tiere nur sehr wenig Zeit hatten, sich den neuen Weg der Essens-Verarbeitung zu erschließen, und dies dennoch erfolgreich meisterten, weise darauf hin, dass das Kochen in der menschlichen Evolution früh auftrat.
Der Übergang zur Ernährung mit gekochtem Essen war ein Meilenstein in der Entwicklung des Menschen. Verglichen mit Früchten, Blättern und rohem Fleisch kann der Mensch mit gekochten Nahrungsmitteln deutlich mehr Energie aufnehmen. Forscher vermuten, dass dieser Nahrungswechsel eine wichtige Voraussetzung dafür war, größere Gehirne zu entwickeln - denn Hirngewebe benötigt extrem viel Energie.
Allerdings sind viele Detail-Fragen noch offen. Wie lange wurde das Feuer vom Menschen vor allem für Wärme und Licht genutzt - und ab wann auch für die Zubereitung von Speisen? Führte die Kontrolle des Feuers schnell zum Kochen oder fand dies verzögert statt?
Denkbar sei auch, dass Menschen vor der Kontrolle über das Feuer natürlich vorkommende Feuerstätten zum Bereiten von Speisen genutzt haben könnten, schließen die Forscher aus ihrer aktuellen Studie. Von Schimpansen sei zum Beispiel bekannt, dass sie nach Bränden gern geröstete Samen in dem Gebiet sammeln.