Klimawandel gefährdet viele Tierarten weltweit
Baku, 12. August, AZERTAC
Dass auf der Welt immer mehr Tiere bedroht sind, hat vor allem mit dem Klimawandel zu tun, so die Annahme vieler Forscher. Doch möglicherweise sind vor allem altbekannte Feinde der Grund.
Der Klimawandel bringt nicht nur eine starke Veränderung des Wetters mit sich, er greift auch in das Leben von zahlreichen Tierarten ein - so lautete die These von einigen Forschern lange. Tatsächlich sei die weltweite Artenvielfalt derzeit jedoch weniger von Klimaveränderungen als von altbekannten Gefahren wie der Übernutzung von Ressourcen und der Landwirtschaft bedroht, berichten Forscher im Fachjournal "Nature".
Die Fokussierung auf den Klimawandel könne dazu führen, dass Prioritäten beim Artenschutz falsch gesetzt werden, befürchten sie.
Die Wissenschaftler um Sean Maxwell von der University of Queensland in Brisbane (Australien) hatten fast 8700 Spezies in ihre Analyse einbezogen, die auf der Roten Liste bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen. Die Forscher stellten fest, dass 72 Prozent der Arten durch die Übernutzung von Ressourcen bedroht sind.
Eingriff in den Lebensraum - Diese betreffe entweder die Arten selbst oder Teile ihres Lebensraums. So seien allein mehr als 4000 Spezies durch Waldrodungen bedroht, schreiben die Forscher. Beispielhaft nennen sie den Tropenvogel Borneowolltimalie (Ptilocichla leucogrammica), die indische Nikobaren-Spitzmaus (Crocidura nicobarica) und die Stumpfnasenaffen (Rhinopithecus) aus Myanmar.
Der zweitwichtigste Faktor sei die Landwirtschaft, die 62 Prozent der einbezogenen Arten treffe, so die Wissenschaftler. Allein der Getreideanbau gefährde 4600 Arten wie die Fresno-Kängururatte (Dipodomys nitratoides) und den Afrikanischen Wildhund (Lycaon pictus), weil die dafür genutzten Flächen als Lebensraum verlorengingen. An dritter Stelle stehe die Urbanisierung.
Gejagt, gefischt, gefangen - Mehr als 2700 Arten sind der Auswertung zufolge zudem direkt bedroht, weil sie gejagt, gefischt oder für die Tierhaltung gefangen werden - so zum Beispiel das Sumatra-Nashorn (Dicerorhinus sumatrensis), der Westliche Gorilla (Gorilla gorilla) und das Chinesische Schuppentier (Manis pentadactyla). Grundsätzlich spielten bei den meisten untersuchten Spezies mehrere Faktoren eine Rolle.
Mit Blick auf den Weltnaturschutzkongress der IUCN auf Hawaii im September appelliert das Forscherteam an die Verantwortlichen, sich beim Thema Naturschutz nicht nur auf Klimafragen zu konzentrieren. Der Klimawandel könne zwar künftig eine große Gefahr für die Artenvielfalt darstellen, dringlicher sei es aber momentan, die "alten Feinde" zu bekämpfen.
Schutzzonen und rücksichtsvolle Landwirtschaft - James Watson von der University of Queensland, Co-Autor des "Nature"-Beitrags, erklärt in einer Mitteilung der Wildlife Conservation Society (WCS): "Schutzzonen, die Durchsetzung von Jagdregulationen und der Aufbau einer Landwirtschaft, die bedrohten Arten ein gleichzeitiges Überleben ermöglichen - all das spielt eine große Rolle, wenn es darum geht, die Artenvielfalt zu erhalten."
Die Aufrechterhaltung einer intakten Fauna und Flora könne dann helfen, künftige Gefahren durch den Klimawandel zu entschärfen. Momentan ständen Gefährdungen hierdurch allerdings erst an siebter Stelle der Ursachenliste - 19 Prozent der untersuchten Arten sind betroffen.