WIRTSCHAFT
China befiehlt Zensur von Kreditklemmen-Berichten
Baku, den 2. Juli (AZERTAG). Chinas Regierung fürchtet offenbar die Macht der Märkte. Laut „Financial Times“ wurden große Zeitungen und TV-Sender angewiesen, eine mögliche Kreditklemme im Bankensektor kleinzureden.
Chinas Zensoren wollen offenbar die Sorgen über eine Kreditklemme eindämmen. Laut „Financial Times“ („FT“) haben lokale Propagandaabteilungen mehrere Zeitungen und Fernsehstationen angewiesen, bei ihrer Berichterstattung über mögliche Geldnöte chinesischer Banken eine moderatere Ausdrucksweise zu wählen. Redakteure sollten aufhören, eine „sogenannte Kreditklemme zu hypen“, heißt es demnach in einer Direktive lokaler Zensurbehörden. „Medien müssen ihre positive Berichterstattung verstärken“, und weiter: „Sie sollten die positiven Aspekte unserer derzeitigen ökonomischen Situation hervorheben und das Vertrauen an dem Märken stärken.“
Es ist in China Alltag, dass Zensoren gewisse Begriffe in Zeitungsüberschriften oder gar in der gesamten Berichterstattung von Medien verbieten oder großen TV-Sendern vorgeben, wie sie Themen einzuordnen haben. Doch normalerweise geschieht dies bei politischen Themen. Finanzmedien werden weit seltener behelligt.
Die Anweisungen der Zensoren verdeutlichen, wie besorgt die Zentralregierung in Peking über die Unruhe an den heimischen Finanzmärkten ist. Vor gut einer Woche hatte es Berichte über Liquiditätsprobleme chinesischer Banken gegeben. Die Zinsen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen, stiegen auf bis zu 28 Prozent - ein Rekordwert. Der zentrale Index an Shanghais Börse verlor in der Folge binnen zwei Tagen rund zehn Prozent an Wert.
Die Direktive zur Kreditklemme wurde dem Bericht zufolge zu diesem Zeitpunkt erstellt, soll aber erst in den vergangenen Tagen verstärkt in großen chinesischen Medienhäusern verbreitet worden sein. „Medien sollten berichten und erklären, dass unsere Märkte die Garantie ausreichender Liquidität haben und dass unsere Geldpolitik stabil ist, nicht streng“, zitiert die „FT“ aus dem Papier.
Unkontrolliertes Kreditwachstum - Chinas Zentralbank hatte sich zunächst geweigert, den Markt weiter wie bisher mit Geld zu fluten. Doch die Nervosität war groß, daher erwähnte die Notenbank dann, sie könne klammen Banken noch immer jederzeit Cash-Injektionen verpassen. Die Märkte beruhigten sich daraufhin wieder.
Tatsächlich ist die Gefahr einer unkontrollierten Finanzkrise in China derzeit gering. Nicht nur die Notenbank kann den Banken helfen; auch die Regierung verfügt über Devisenreserven von umgerechnet mehr als 2,6 Billionen Euro.
Das Grundproblem aber bleibt. Die Weigerung, Banken unbegrenzt Kredit zu gewähren, wird als Versuch von Zentralbankchef Zhou Xiaochuan gewertet, den aufgeblähten Finanzsektor zu stabilisieren. Zhou soll das rasante Kreditwachstum eindämmen, mit dem China sein märchenhaftes Wirtschaftswachstum aufrechterhält - bislang selbst in Krisenzeiten.
Dieser Boom auf Pump läuft inzwischen Gefahr, außer Kontrolle zu geraten. Allein die chinesischen Lokalregierungen sind nach Schätzungen eines ehemaligen Finanzministers mit umgerechnet 2,5 Billionen Euro verschuldet. Die Unternehmen des Landes - darunter viele Staatskonzerne - haben manchen Quellen zufolge fast 9 Billionen Euro an Krediten offen. Insgesamt würde sich die Verschuldung damit auf weit mehr als 200 Prozent der chinesischen Jahreswirtschaftsleistung belaufen. Vor fünf Jahren war es schätzungsweise die Hälfte. Das schürt Sorgen, dass die Zeiten des Megawachstums bald vorbei sind.