WIRTSCHAFT
China schnürt heimlich gigantisches Konjunkturpaket
Baku, den 7. September (AZERTAG). Peking stemmt sich gegen die Wirtschaftsflaute. Im Schnellverfahren wurden Infrastrukturprojekte für fast 250 Milliarden Euro durchgewunken. Diese Art der Aufputschspritze ist selbst in China selten.
In Pekings Yuetanlu-Straße Nummer 38 herrschte reges Kommen und Gehen. Chinas Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), die oberste nationale Genehmigungsbehörde des Landes, tagte den ganzen Mittwoch und auch noch den Donnerstag hindurch. Die höchsten Wirtschaftsplaner des Landes verabschiedeten nonstop Dutzende milliardenschwerer Investitionsprojekte.
Am Freitag stellten sie die genehmigten Pläne und Machbarkeitsstudien für rund 55 Verkehrs- und Infrastrukturvorhaben auf ihre Webseiten. Sechs Seiten umfasst der chinesische Ausdruck allein der einzelnen Projekttitel. Hinter jedem stehen auf Englisch die drei Buchstaben „New“.
Gigantische Aufputschspritze-Chinas Regierung verpasst ihrem Land wieder eine gigantische Aufputschspritze - zur Konjunkturbelebung der schwächelnden Wirtschaft und zur Verbesserung des politischen Klimas in der Gesellschaft wenige Wochen vor dem bevorstehenden 18. Wahlparteitag. Die „China Business News“ sprach von einem Genehmigungs-Galoppritt „in nur einem Atemzug“.
Selbst für das schnelle Entscheidungen gewohnte China sei das ein „selten gesehenes“ Phänomen.“ Sie rechnete den Umfang der künftig notwendig werdenden Neuinvestitionen allein für 25 U-Bahn- und Stadtverkehrssysteme in 18 Großstädten auf rund 800 Milliarden Yuan und für 13 zusammen 2000 Kilometer lange Straßen- und Autobahnprojekte auf mehr als 1000 Milliarden Yuan hoch. Zusammen wären das Bauaufträge für fast 250 Milliarden Euro.
Kläranlagen, Müllverbrennung, Häfen-Nicht eingerechnet sind die anderen vom NDRC durchgewunkenen Projekte, darunter der Bau von neun Kläranlagen, einer Müllverbrennung, sieben Hafenprojekte, Container-Terminals, Kanalausbauten oder Pipelines. Chinas Börsenkurse legten um drei bis fünf Prozent zu. Profiteure waren neben den Bahnbauern, die jüngster Zeit wegen Überkapazitäten und Verlusten eingebrochenen Branchen Zement, Infrastruktur oder Metallverarbeitung.
Peking scheint ein Remake von 2008 zu planen. Auf die damalige Weltfinanzkrise hatte der Staatsrat unter Premier Wen Jiabao blitzschnell mit pauschalen Investitionsprogrammen im Umfang von 4000 Milliarden Yuan (heute rund eine halbe Billionen Euro) reagiert, um die Wirtschaft zu stimulieren. Peking verpflichtete sich, ein Viertel der Investitionen zu übernehmen und drückte den Provinzen die übrigen drei Viertel auf.
Der stotternde Wirtschaftsmotor, der im ersten Quartal 2009 auf 6,5 Prozent Wachstum abgesackt war, sprang wieder mit doppelstelligem Tempo an. Alleine der Bahn-Neubau von Tausenden Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken brachte sechs Millionen Chinesen in Arbeit.
Verkehrs- und Infrastrukturvorhaben-Anders als 2008 drückt Peking diesmal jedoch gezielt aufs Konjunktur-Gaspedal. Der NDRC verkürzte und beschleunigte nur die Genehmigungsverfahren für bereits vorliegende, vorwiegend Zentral- und Westchina zugute kommenden Verkehrs- und Infrastrukturvorhaben. Die Provinzen müssen sie allein finanzieren.
Die Wirtschaftsplaner folgten dabei nach Angaben der „China Business News“ einer Anweisung von Premier Wen Jibao vom Juli. Sie müssten „einige sichtbare Zeichen zur Ermutigung setzen.“ Chinas Wirtschaft legte im zweiten Quartal um 7,6 Prozent zu, das niedrigste Wachstum seit drei Jahren.