WELT
Energiewende: Deutschland und Indien vereinbaren Wasserstoff-Zusammenarbeit
Baku, 26. Oktober, AZERTAC
Am Rande der deutsch-indischen Regierungskonsultationen in Neu-Delhi wurde eine Kooperation mit Blick auf grünen Wasserstoff vereinbart. Dennoch stockt Deutschlands Wasserstoff-Strategie.
Wasserstoff gilt als klimafreundlicher Hoffnungsträger der Energiewende, insbesondere wenn bei seiner Gewinnung erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Der Energieträger wird benötigt, um auch Industriebranchen wie Stahl oder Zement klimaneutral zu machen. Nun wollen Deutschland und Indien unter anderem die Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung vorantreiben und mehr Möglichkeiten zur Vernetzung von Unternehmen schaffen.
Indien wolle ein wichtiger Exporteur werden, erklärte der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Das Land habe aufgrund günstigster Preise für Strom aus Erneuerbaren Energien das Potenzial, global wettbewerbsfähig grünen Wasserstoff herzustellen. Feste Lieferkontingente seien aber noch nicht verabredet worden. Die nun vereinbarte sogenannte Roadmap solle dazu beitragen, Wasserstoff langfristig rentabel zu machen und den Handel zu unterstützen.
Die Bundesregierung habe mit der Vereinbarung einen weiteren Impuls für den Markt gegeben. "Aber am Ende müssen Wissenschaftler, Studierende, Unternehmen jetzt einsteigen." Auf die Dauer müsse sich grüner Wasserstoff am Markt behaupten, so der Habeck.
Kritiker monieren, es werde noch lange dauern, bis Wasserstoff zu attraktiven Preisen zur Verfügung steht. Außerdem sei es unklar, ob ihn Indien angesichts des eigenen starken Wirtschaftswachstums dann überhaupt in großen Mengen exportieren will. Indien plant bis 2030 den Aufbau einer Produktionskapazität von fünf Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr.
In ihrer nationalen Wasserstoffstrategie geht die Bundesregierung davon aus, dass Deutschland bis 2030 Wasserstoff mit einer Leistung von 95 bis 130 Terrawattstunden pro Jahr benötigen wird, was einem Brennwert von mehr als 3 Millionen Tonnen Wasserstoff entspreche. Weil Deutschland nicht in der Lage ist, den Wasserstoff komplett selbst zu produzieren, rechnet die Bundesregierung damit, 50 bis 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs bis 2030 importieren zu müssen.
Anfang der Woche hatte Habeck mit Verzögerung das Wasserstoff-Kernnetz vorgestellt. Es zeigt, wo hierzulande Pipelines verlaufen sollen. Demnach soll es 13 Knotenpunkte an den deutschen Grenzen für den Import geben und das Netz bis 2032 fertiggestellt werden. Es fehlt jedoch an möglichen Betreibern für das Milliardenprojekt. Mancherorts haben zudem Bürgerinitiativen bereits Widerstand angekündigt.
Die ambitionierten Pläne der Bundesregierung werden auch dadurch beeinträchtigt, dass sich der Start einer Wasserstoff-Pipeline von Dänemark nach Deutschland um mehrere Jahre verschiebt. Der für 2028 geplante Bau verzögere sich bis 2031, wie das Klima- und Energieministerium in Kopenhagen mitteilte. Eine Prüfung des Staatsunternehmens Energinet habe ergeben, dass noch umfangreiche Umwelt- und Sicherheitsstudien nötig seien.