WIRTSCHAFT
Ghana wirft chinesische Goldschürfer aus dem Land
Baku, den 21. Juni (AZERTAG). Zehntausende Chinesen suchen in Ghana illegal nach Gold - und zerstören mit ihrem Raubbau die Umwelt, das Wasser und schaffen böses Blut bei den Einheimischen. China ist die Episode peinlich.
Neue Parolen im Dorf Ganliu im Kreis Shanglin der Armutsprovinz Guangxi verblüfften anreisende Journalisten. Statt - wie anderswo - zur Geburtenkontrolle aufzurufen, warnten sie vor Malaria. „Geht beim ersten Anzeichen von Fieber ins Krankenhaus!“
Dabei gibt es in der Provinz Shanglin in Südwestchina gar keine Stechmücken, die die lebensgefährliche Infektion übertragen. Die Slogans richten sich an Bauern, die gerade aus Afrika zurückgekehrt sind. Alle 200 Männer des 600-Einwohner-Dorfs waren in Ghana, um dort Gold zu schürfen, schreibt das Magazin „Global Entrepreneur“: „Zurück blieben nur Frauen, Alte und Kinder.“
Goldsucher nicht ganz freiwillig zurück - Seit Anfang Juni sind die chinesischen Goldsucher wieder zurück in ihrem kleinen Dorf - allerdings nicht ganz freiwillig. Ghanas Regierung warf sie im jüngsten Konflikt zwischen Ghanaern und Chinesen, die dort skrupellos Vorteile für sich suchten, aus dem Land.
Nach monatelangen Warnungen griff der neue Staatschef John Dramani Mahama Mitte Mai durch. Er stellte eine Taskforce auf, deren Beamte und Soldaten mit Razzien nach Ausländern aus Westafrika, vor allem aber aus China fahndeten, die illegal als Gold- oder Diamantensucher unterwegs waren.
„Eure Zeit ist abgelaufen“, drohte martialisch eine Tageszeitung Ghanas. Bis Anfang Juni nahm die Präsidententruppe 169 Chinesen und 57 Westafrikaner fest. Die Pekinger Regierung protestierte. Chinas Diplomaten intervenierten und holten ihre Landsleute aus der Haft. Außenamtssprecherin Hua Chunying sagte: „Alle 169 sind frei. Sie werden in Gruppen Ghana verlassen.“
Goldsuchen hat Tradition - Die Festgenommenen waren nur die buchstäbliche Spitze des Eisberges. Seit Ghana seine Kampagne gegen illegale Goldsucher lostrat, kehrten „1072 unserer Bauern von dort in ihre Dörfer in Shanglin zurück“, gab die Kreisbehörde vergangenen Freitag bekannt. Mindestens 12.000 Bauern aus Shanglin seien zur Goldsuche in Ghana unterwegs. Die Pekinger „Global Times“ schrieb: „Wir gehen eher von 50.000 aus.“
Goldsuchen hat Tradition unter der halben Million Einwohner von Shanglin. Anfang der 90er-Jahre flohen Zehntausende aus ihrer Armut vor Ort, indem sie als Goldschürfer nach Heilongjiang in Nordostchina gingen. Als sie 2005 vom Goldboom in Ghana hörten, wo sich individuelle Schatzsucher von Einheimischen Schürflizenzen kaufen konnten, gab es kein Halten mehr.
Die erfahrenen Chinesen fanden eine lukrative Lücke zwischen den großen Abbauern der Goldfelder, die ausländische und ghanaische Grubengesellschaften kontrollieren, und der unrentablen Kleinstsuche mit einfachstem Werkzeug, die Ghanas Bevölkerung vorbehalten bleibt. Viele Chinesen legten ihr Geld zusammen und investierten in Abbaumaschinen und in mittelgroße Goldfelder.
Der „Global Entrepreneur“ berichtet von mehr als 1000 Goldförderbandanlagen, die chinesische Unternehmer aufbauten. Dem chinesischen Staatsradio CRI sagte der Geschäftsführer der Ghana-China Bergbau-Vereinigung, Su Zhenyu, dass Chinas Prospektoren alljährlich rund 50 Tonnen Gold aus Ghana holen würden.
Raubbau an der Landschaft - Bei den Einheimischen schuf das böses Blut. Unter dem Druck politischer Gegner und der Öffentlichkeit versprach Ghanas Präsident, den Einfall illegaler ausländischer Goldsucher zu stoppen. Längst hatten die Goldsucher mit ihrem Raubbau an der Landschaft und Verseuchung des Wassers durch Quecksilber und Zyaniden das Ökosystem der goldhaltigen Gebiete sichtbar verwüstet.
Es kam zu Zusammenstößen mit protestierenden Einheimischen, deren Wut sich vor allem gegen die Chinesen richtete, meldete die „Africa Review“. Das Internetportal VibeGhana.com des ghanaischen Rundfunks nannte es einen „Skandal“, dass sich chinesische Goldsucher als individuelle Kleinunternehmer ausgeben, um Lizenzen für Schürfrechte zu erhalten, dann aber „32 Tonnen schwere Räumbagger und Bulldozer“ einsetzten.
Hinter ihnen steckten „kriminelle, global operierende Triadenbanden, die bei uns ihr schmutziges Geld waschen wollen“. Von den Razzien betroffene Chinesen berichten, brutal verfolgt und enteignet worden zu sein. Peking forderte Ghana auf, für den Schutz seiner Landsleute zu sorgen.
China ist die Episode seiner in das westafrikanische Land einfallenden skrupellosen Goldsucher peinlich. Das wirft einen Schatten auf seine Afrikapolitik, mit der sich die Volksrepublik propagandistisch den Anschein eines ehrlichen Freundes und Partners des Kontinents zum gegenseitigen Nutzen gibt.
Absicherung für den Aufstieg zur Weltmacht - Seine Entwicklungshilfe und Kredite binde es anders als der Westen weder an politische Verhaltensforderungen noch an Antikorruptionsklauseln. Erst im März hatte Chinas neuer Präsident Xi Jinping seine Auslandsreise mit Antrittsbesuchen in Tansania, Südafrika und dem Kongo begonnen, um Signale zu setzen, wie wichtig Peking seine Beziehungen zu Afrika nimmt. Etwa 2000 chinesische Unternehmen haben dort Fuß gefasst und bislang rund 20 Milliarden Dollar investiert.
Afrika-Experte Luo Jianbo schrieb in der „Study Times“, der Zeitung der Parteihochschule des Zentralkomitees, dass Afrika für Chinas Führung heute nicht nur wichtiger Rohstofflieferant ist, von dem es ein Drittel seines Öl bezieht, oder ein dynamisch wachsender Handelsmarkt.
Es sei auch eine strategische Absicherung für den Aufstieg des Landes zur Weltmacht: „Immer wenn sich die internationale Lage verschlechterte, stieg die Bedeutung Afrikas für unsere Außenpolitik. Wir stützen uns auf die Entwicklungsländer als unser Fundament. Afrika ist der wichtigste Baustein.“ China brauche Afrika „als unseren politischen Partner“. So sagte der chinesische Botschafter in Ghana bei einer Pressekonferenz am Dienstag laut dem Nachrichtenportal AllAfrica.com, dass man das Problem gemeinsam mit der ghanaischen Seite lösen wolle.
Die Nachrichtenagentur Xinhua meldete am vergangenen Wochenende, dass Ghanas Vizepräsident Amissah-Arthur versichert habe, dass die jüngsten Probleme die generell guten Beziehungen Ghanas zu Peking nicht belasten würden. Die Razzien richteten sich gegen alle illegalen Goldsucher und nicht speziell gegen Chinesen.
Ghanas Immigrationsbehörde meldete allerdings, dass die meisten illegalen Goldsucher, die festgenommen wurden, Chinesen seien, die nach Hause geschickt würden. Und sie bringen kein Gold mit, sondern Malaria. Der „Global Entrepreneur“ schreibt, dass bis zu 90 Prozent der Zurückkommenden sich an dem Tropenfieber angesteckt hätten.