WELT
Hunderte Opfer bei Massenpanik in Kambodscha
Baku, den 24. November (AZERTAG). Bei der Massenpanik in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh sind mindestens 375 Menschen ums Leben gekommen.
Die Zahl könne weiter steigen, da viele Leichen noch nicht geborgen worden seien, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag. 755 Menschen wurden nach offiziellen Angaben verletzt. Die Massenpanik war am Montagabend auf einer Fußgängerbrücke zu der Insel Koh Pich entstanden, wo sich vor allem junge Leute zum traditionellen Wasserfest treffen wollten. Es war der letzte Tag der dreitägigen Feierlichkeiten zum Ende der Regenzeit. Ministerpräsident Hun Sen leitete eine Untersuchung ein.
Hun Sen entschuldigte sich beim Volk für "die größte Tragödie seit 31 Jahren nach dem Pol-Pot-Regime." Die kommunistischen Roten Khmer unter Diktator Pol Pot hatten während ihrer Herrschaft in den 1970er Jahren schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen getötet. Für Donnerstag ordnete der Ministerpräsident Staatstrauer an. Bundespräsident Christian Wulff drückte sein Bedauern über das Unglück aus. "Eine solche Katastrophe während der fröhlichen Feierlichkeiten ist furchtbar", hieß es in einem Beileidsschreiben an König Norodom Sihamoni.
Medienberichten zufolge sind mindestens 240 der Todesopfer Frauen. Überlebende berichteten, es habe vor Ausbruch der Massenpanik laute Rufe gegeben, dass Menschen mit Elektroschocks getötet worden seien. "Ich bin dann hingefallen und die Leute sind über mich drüber getrampelt, dann bin ich ihn Ohnmacht gefallen. Als ich aufwachte, war ich im Krankenhaus", sagte ein Überlebender. Nach Polizeiangaben soll es auch Rufe gegeben habe, dass die Brücke zusammenbreche.
Die Opfer sind in der engen Menschenmenge entweder erstickt oder zu Tode getrampelt worden. Zum Teil waren die Überlebenden stundenlang in der Menge, auch zwischen Toten, eingeklemmt. Die Polizei versprühte Wasser, so dass die Überlebenden etwas zu Trinken hatten. "Ich dachte, dass ich tot bin. Die Polizei hat Wasser auf uns gespritzt. Wir haben den Mund aufgemacht und getrunken", sagte eine 38-Jährige, die drei Stunden lang in der Menschenmasse feststeckte.
Ein Regierungssprecher sagte, der Grund für das Unglück waren nicht Stromschläge, sondern Panik. Einen Terroranschlag schlossen die Behörden aus. Auf der Brücke lagen einen Tag nach dem Unglück noch Schuhe und Kleider der Opfer auf dem Boden verteilt. Die Polizei räumte ein, sie sei nicht in der Lage gewesen, die Menschenmassen zu kontrollieren. "Wir haben eine Menge Leute rausgeschickt, aber konnten nicht schnell genug reagieren", sagte ein Polizeisprecher. Die Behörden hatten im Vorfeld des Festivals mit rund zwei Millionen Besuchern gerechnet. Das Unglück wirft die Frage auf, warum so viele Menschen durch eine derart enge Stelle geschleust werden sollten.
Die Massenpanik war die schlimmste seit Januar 2006. Damals kamen 362 muslimische Pilger nahe Mekka in Saudi-Arabien ums Leben. Bei der Love Parade in Duisburg wurden im Sommer ebenfalls bei einer Massenpanik 19 Menschen getötet und mehr als 340 verletzt.