WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Weltrekord von Protonenstrahl
Baku, 10. Juli, AZERTAC
521 Kilowatt Leistung steckten in einem Protonenstrahl am Fermilab bei Chicago - ein neuer Weltrekord. Bei den Experimenten erzeugen Physiker Neutrinos, die nur sehr schwer nachzuweisen sind.
In den letzten Jahren war es vor allem der Beschleuniger LHC am Cern in Genf, der für Schlagzeilen sorgte. Schließlich wurde dort das lang gesuchte Higgs-Boson entdeckt. Inzwischen haben Kernforscher den Ring sogar für die doppelte Energie von 13 Teraelektronenvolt (TeV) aufgerüstet.
Nun berichten Physiker vom Fermilab in den USA, dass sie einen neuen Rekord für die Intensität von Protonenstrahlen aufgestellt haben. Der Hauptring des Beschleunigers (Main Injector) habe einen Wert von 521 Kilowatt erreicht, teilte das Fermilab mit. Der Test diente als Vorbereitung von Experimenten.
„Es gibt eine Arbeitsteilung bei den Beschleunigern“, berichtet der Teilchenphysiker Volker Büscher von der Universität Mainz. Das Fermilab bei Chicago konzentriere sich auf hohe Strahlintensitäten, das Cern auf hohe Energien.
Hintergrund sind die unterschiedlichen Forschungsziele bei den beiden Beschleunigern. Am LHC wollen Physiker die Grenzen des Standardmodells der Teilchenphysik ausloten. Dafür brauchen sie größtmögliche Energien (also eine hohe Geschwindigkeit), mit der einzelne Teilchen kollidieren.
Ladung: Null, Masse: sehr klein - Am Beschleuniger im Fermilab hingegen zählt die Menge der Teilchen. Dort werden deshalb möglichst viele Protonen zugleich auf ein Ziel geschossen, damit bei den Crashs besonders viele Neutrinos entstehen. Diese rätselhaften Teilchen ohne Ladung mit nur sehr geringer Masse sind das eigentliche Ziel der Experimente.
„Neutrinos wechselwirken nur äußerst selten mit Materie, deshalb erzeugt man möglichst viele davon“, sagt Büscher. Dies erhöhe die Chancen, einzelne Neutrinos aufzuspüren. Die nötige Energie zum Erzeugen von Neutrinos selbst sei gar nicht so hoch.
Am Fermilab laufen derzeit vier verschiedene Experimente mit Neutrinos: Microboone, Minerva, Minos+ und schließlich Nova, bei dem Neutrinos von Chicago zu einem 800 Kilometer entfernten Detektor in Ash River, Bundesstaat Minnesota, geschickt werden.
Der neue Rekord am Fermilab ist erst der Anfang. In den kommenden Jahren soll der Main Injector weiter aufgerüstet werden - und damit auch die Intensität des Strahls. Ziel seien zunächst 700 Kilowatt - und ein Jahrzehnt später sogar 1000 Kilowatt.
25 Jahre lang war am Fermilab auch der Beschleuniger Tevatron aktiv, mit dem unter anderem der Nachweis des Top-Quarks gelang. 2011 wurde die legendäre Anlage schließlich abgeschaltet - der LHC am Kernforschungszentrum Cern in Genf war schon damals siebenmal stärker als der US-Beschleuniger.