WELT
Brasilien: Polizeistreik - mindestens 90 Tote
Baku, 9. Februar, AZERTAC
Die Militärpolizei im brasilianischen Vitória fordert eine Gehaltserhöhung und hat die Arbeit niedergelegt. Nun herrscht Chaos in der Stadt. Mindestens 90 Menschen sollen getötet worden sein.
Ein seit Tagen andauernder Polizeistreik in der brasilianischen Großstadt Vitória hat zu einer Welle der Gewalt geführt. Immer wieder kam es zu Schießereien, Plünderungen und Überfällen. Das Nachrichtenportal "Globo" berichtet unter Berufung auf die Polizeigewerkschaft von mindestens 90 Toten.
Auch das öffentliche Leben in Vitória steht still: Der Nahverkehr fiel aus, Gesundheitszentren und Schulen blieben geschlossen. In den Straßen patrouillierten Soldaten. In der nahe gelegenen Stadt Cariacica wurden am Mittwoch drei Polizisten angeschossen.
Im Bundesstaat Espírito Santo, dessen Hauptstadt Vitória ist, hatte es allein zwischen Samstag und Montag 67 Morde gegeben, wie die Zeitung "Folha de São Paulo" berichtet. Zum Vergleich: Im kompletten Monat Januar sollen in dem Bundesstaat demnach durchschnittlich vier Menschen pro Tag getötet worden sein.
Die Militärpolizisten fordern höhere Gehälter. Espírito Santo hat massive Finanzprobleme und ist zum Sparen gezwungen. Offiziell dürfen die Militärpolizisten nicht streiken, sie haben daher ihre Familien eingespannt: Diese blockieren die Kasernen und hindern die Polizisten am Ausrücken.
Gouverneur Paulo Hartung sprach von Erpressung. "Sie nehmen die Freiheit und die Rechte der Bürger von Espírito Santo als Geiseln und fordern Lösegeld", sagte er der Nachrichtenagentur Agencia Brasil.
Die Familien der Militärpolizisten verteidigten die Proteste. "Wenn jemand in seinen Rechten und seiner Würde eingeschränkt wird, ist ein radikaler Protest die einzige Option", sagte die Ehefrau eines Militärpolizisten und Sprecherin der Demonstranten Maluma Pereira Jordao Roepke.
Die Gehälter der Militärpolizisten seien seit sieben Jahren nicht mehr erhöht worden. "Die Familien wollen eine Einigung mit der Regierung", sagte Jordao Roepke. Am Freitag wollen sich die Konfliktparteien treffen und nach einer Lösung suchen.
Die Regierung hatte zuletzt die Entsendung von mehr als tausend Soldaten nach Espírito Santo angekündigt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Aus anderen Bundesstaaten wurden zudem 200 Beamten einer Spezialeinheit des Justizministeriums in die Region geschickt.