Die faszinierende Jagd nach dem fernen Leben
Baku, den 27. Mai (AZERTAG). Astronomen sind entzückt von 1000 fernen Himmelskörpern, die sie bislang mit ihren Teleskopen entdeckt haben. Vom nächsten Jahrzehnt an versuchen sie sich am Heiligen Gral der Exoplanetenforschung.
In diesem Monat musste die Nasa das Ende des Weltraumteleskops „Kepler“ verkünden. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hatte die Entdeckungsmaschine mehr als 130 extrasolare Planeten aufgespürt, weitere fast 3000 Kandidaten müssen noch überprüft werden.
Da im November letzten Jahres auch der europäische Planetenjäger „Corot“ nach sechs erfolgreichen Jahren im All den Dienst eingestellt hat, steht den Astronomen nun kein Weltraumteleskop mehr für die Suche nach fremden Welten zur Verfügung. Doch die Suche geht mit anderen Observatorien auf der Erde weiter, und der Heilige Gral, nämlich der Nachweis von Biomarkern in den Atmosphären fremder Welten, ist ohnehin zukünftigen Teleskopen vorbehalten.
Die Online-Enzyklopädie extrasolarer Planeten Exoplanet.eu verzeichnet derzeit rund 900 Himmelskörper. Darunter befinden sich sogenannte Gasriesen, die ihre Sonne so nah umkreisen, dass ihre Atmosphäre tausend Grad heiß ist und verdampft.
Unvorstellbare Vielfalt - Am untere Ende der Größenskala findet sich der Winzling Kepler-37b, der nur wenig größer als der Erdmond ist. Seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten im Jahre 1995 haben die Astronomen vor allem eins gelernt: Planeten und ganze Planetensysteme existieren in einer Vielfalt, wie man sie sich nicht vorgestellt hatte.
Für viele Forscher überraschend war insbesondere die Entdeckung von Planeten, die ein Doppelsternsystem umkreisen. Der erste Vertreter mit der Bezeichnung Kepler-16b erhielt den Spitznamen Tatooine nach dem Heimatplaneten des "Star Wars"-Helden Luke Skywalker, über dessen Himmel ebenfalls zwei Sonnen hinwegwandern.
Noch aufsehenerregender war die Entdeckung des Planetensystems von Gliese 667, einem 24 Lichtjahre entfernten Dreifach-Sternsystem. Darin umkreisen sich zwei Sterne in sehr geringem Abstand, während der dritte Stern diese beiden in weiter Entfernung umrundet. Dieser Stern wiederum besitzt drei Planeten. Sollte es auf einem von ihnen Lebewesen geben, so böte sich ihnen ein faszinierender Himmel. Ihre Sonne ist etwa so hell wie die unsere, besitzt jedoch eine rote Farbe. Die beiden entfernten, gelb leuchtenden Sonnen wären etwa so hell wie bei uns der Vollmond.
Stern mit mehreren Supererden - Von 133 Exoplaneten ist bekannt, dass sie nicht nur einen Stern umkreisen. Rekordhalter mit jeweils sechs Planeten sind der 130 Lichtjahre entfernte Stern HD 10180 sowie HD 40307 (43 Lichtjahre) und Kepler-11 (2000 Lichtjahre). In den Messdaten deuten sich sogar noch ein oder zwei weitere Planeten an. Damit scheinen diese Beispiele unserem Sonnensystem mit acht Planeten schon recht nahe zu kommen.
Doch der Schein trügt. Das System von Kepler-11 ist so kompakt, dass es bei uns kaum über die Bahn des innersten Planeten Merkur hinausreichen würde. Das Planetensystem von HD 40307 fände immerhin noch fast innerhalb der Venusbahn Platz. Außerdem tummeln sich in den Systemen von Kepler-11 und HD 10180 überwiegend Gasplaneten ungefähr von von der Größe des Planeten Neptun.
Der Stern HD 40307 ist aber in anderer Hinsicht besonders interessant. Er besitzt mehrere sogenannte Supererden. Das sind Planeten, die zwei- bis zehnmal so schwer sind wie die Erde. Von dieser neu definierten Klasse gibt es in unserem Sonnensystem keinen Vertreter.
Voraussetzung für Existenz von Leben - Supererden bestehen vermutlich aus Gestein, sie können auch einen metallischen Kern und große Mengen an flüssigem oder gefrorenem Wasser besitzen. Interessanterweise kreist der sechste Planet von HD 40307 innerhalb der bewohnbaren Zone um seine Sonne. Das ist jener Abstandsbereich, innerhalb dessen sich ein Planet befinden muss, damit auf ihm flüssiges Wasser existieren kann. Eine Voraussetzung für die Existenz von Leben, wie wir es kennen. Da der Stern HD 40307 rund tausend Grad kühler ist als unsere Sonne, befindet sich die bewohnbare Zone wesentlich näher am Stern als bei uns.
„Wenn von einem Planeten in der bewohnbaren Zone die Rede ist, so heißt das noch lange nicht, dass dort auch Leben möglich ist“, gibt der Direktor der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg und Exoplanetenforscher Artie Hatzes in der Zeitschrift „Physik in unserer Zeit“ zu bedenken. „Die richtige Atmosphäre, geologische Faktoren wie vulkanische Aktivität oder die Häufigkeit von Einschlägen kleiner Himmelskörper - all dies spielt eine Rolle, ob sich Leben in irgendeiner Form entwickeln kann“, so Hatzes.
Lisa Kaltenegger vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg beschäftigt sich seit Jahren mit Modellatmosphären von Exoplaneten. Der 20 Lichtjahre entfernte und sieben Erdmassen schwere Gliese 581 d beispielsweise kreist am äußeren Rand der bewohnbaren Zone um seinen Stern. Seine Lufthülle müsste einen Druck von sieben Atmosphären allein an Kohlendioxid besitzen, damit ihn dessen Treibhauseffekt ausreichend wärmt.