WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Forscher beobachten erstmals Molekül bei Reaktion
Baku, den 4. Juni (AZERTAG). Es sind spektakuläre Momentaufnahmen aus dem Innersten der Materie. Forscher haben unter dem Rasterkraftmikroskop erstmals ein Molekül direkt vor und nach einer chemischen Reaktion beobachtet. Die Bilder zeigen erstaunlich deutlich, wie Atome sich neu anordnen.
Wenn Chemiker Reaktionen beschreiben, benutzen sie gemeinhin Strukturformeln: Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff sind darin als Buchstaben dargestellt, ihre Bindungen als Linien. Ganz ähnlich sehen die Bilder aus, die Wissenschaftler der University of California in Berkeley nun mit einem Rasterkraftmikroskop gewonnen haben. Sie zeigen erstmals die genaue Struktur von Molekülen kurz vor und nach einer Reaktion.
Die Forscher nahmen dafür ein Oligomer unter die Lupe, also eine Verbindung mehrerer gleich aufgebauter Elemente. Diese sechseckigen Kohlenstoffringe lagen zunächst in einer wiederkehrenden Struktur vor, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“. Ein Ring war jeweils mit zwei anderen verbunden.
Um diese Struktur sichtbar zu machen, mussten die Oligomere stark heruntergekühlt werden. Denn erst bei etwa minus 270 Grad Celsius erstarrt die Molekularbewegung fast völlig, die Moleküle halten also beinahe still. Erst dann ließen sie sich mit einem Rasterkraftmikroskop abtasten, das ein feines Bild der Atomstrukturen zeichnete.
Nach dem ersten Durchgang wurden die Moleküle auf über 90 Grad Celsius erwärmt, damit die alte Struktur aufbrechen und sich neue Verbindungen ausbilden konnten. Tatsächlich konnten die Forscher aus Berkeley auch diese neuen Moleküle mit dem Rasterkraftmikroskop abbilden, nachdem diese wiederum abgekühlt worden waren.
Nun tauchten die Atome in verschiedenen, deutlich unregelmäßigeren Strukturen auf. Von den detaillierten Abbildungen dieser Formationen schwärmt der an der Studie beteiligte Chemiker Felix Fischer: „Obwohl wir jeden Tag mit diesen Molekülen arbeiten, hat es mich sehr beeindruckt, diese Bilder zu sehen. Wow!“
Die Forscher erhoffen sich von dieser Methode, chemische Reaktionen etwa in Katalysatoren besser zu verstehen und herauszufinden, wie sich die Verbindungen dabei im Detail verändern. Helfen könnte die Technik auch, um Materialien aus Kohlenstoffverbindungen gezielt aufzubauen.