WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Forscher simulieren Erdkernschmelze im Labor
Baku, den 27. April (AZERTAG). Der Kern der Erde besteht aus Eisen und Nickel, wegen des unvorstellbar hohen Drucks ist er in seinem Inneren fest. Doch wie heiß ist das geschmolzene Metall etwas weiter außen? Französische Forscher haben nun herausgefunden: sehr heiß - bis zu 6500 Grad.
Die Erde hat kein Herz aus Gold, ihr Kern besteht größtenteils aus Eisen und etwas Nickel. Ganz im Inneren ist das Metall trotz der enormen Hitze fest, denn im Zentrum des Planeten herrscht ein enormer Druck von mehreren Millionen Atmosphären. Der äußere Erdkern ist jedoch flüssig.
Das wissen Forscher, weil die seismischen Wellen von Erdbeben viel über das Planeteninnere verraten. Zur Temperatur lassen die Beben jedoch keine Rückschlüsse zu. Da diese die Bewegungen innerhalb des Kerns und des darüber liegenden Erdmantels stark beeinflusst, versuchen Forscher seit Jahrzehnten, sie zu bestimmen.
Einem Team um Simone Anzellini vom Commissariat à l'énergie atomique (Cea) im französischen Arpajon ist dies nun mit bisher nicht erreichter Genauigkeit gelungen. Dabei korrigierten die Wissenschaftler eine vor 20 Jahren erstellte Schätzung um rund tausend Grad. Wie das Team im Fachmagazin „Science“ berichtet, müsste an der Grenze von flüssigem und festem Erdkern eine Temperatur zwischen 5500 bis 6500 Grad Celsius herrschen.
Diamanten-Presse, Laser, Synchrotronstrahlung - Die Hitze in dieser Region lässt sich im Prinzip im Labor bestimmen. Es ist die Temperatur, bei der Eisen unter dem dort herrschenden Druck flüssig wird. Nur ist es ziemlich aufwendig, im Labor Eisenproben derartig unter Druck zu setzen, zu erhitzen - und gleichzeitig zu messen, ob das Metall noch fest oder schon flüssig ist. Denn der Zustand lässt sich nur für Sekunden erhalten, und es kommt zu chemischen Reaktionen, die das Ergebnis verfälschen können.
Die Forscher nutzten eine Art Diamanten-Presse. Zwei geschliffene Edelsteine drückten das winzige Eisenstück zusammen, bis auf ihm ein Druck lastete, der bis zu 2,2 Millionen Mal so groß war wie der Atmosphärendruck an der Erdoberfläche. Das war zwar weniger als im Erdkern, aber trotzdem gewaltig viel. Per Laser erhitzten die Wissenschaftler die Probe dann auf bis zu 5000 Grad Celsius. Das Ganze fand am Teilchenbeschleuniger ESRF in Grenoble statt, damit die Probe umgehend mit Synchrotronstrahlung durchleuchtet werden konnte.
Dass der Forscher Reinhard Böhler vor 20 Jahren am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz Schmelzwerte ermittelte, die rund tausend Grad niedriger waren, können die Forscher heute auch erklären. Die Kristallstruktur des noch festen Eisens ändert sich in ihrem Experiment ab etwa 2400 Grad Celsius und das verändert auch die Oberfläche. Da Böhler das Schmelzen mit einer optischen Technik bestimmt hatte, ist es gut möglich, dass er diese Kristallisationsprozesse als Schmelzen deutete.