WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Forscher teleportieren Licht über 143 Kilometer
Baku, den 6. September (AZERTAG). Das Quanten-Internet rückt näher. Forscher haben Informationen über eine Strecke von 143 Kilometern teleportiert. Damit kommt die Übertragung per Satellit in Reichweite - eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung des Licht-Beamens in der Praxis.
Das Teleportieren von Quanten könnte die sichere Kommunikationstechnik der Zukunft sein - und internationale Forscherteams liefern sich inzwischen einen Wettlauf, der atemberaubende Fortschritte produziert. 2004 galt es als Sensation, dass Forscher Lichtteilchen - oder genauer: deren Quantenzustände - über die Donau gebeamt haben. Chinesische Forscher haben auf diese Art vor zwei Jahren Informationen 16 Kilometer weit gebeamt und im August dieses Jahres sogar die 100-Kilometer-Marke geknackt.
Jetzt haben österreichische Forscher die Latte erneut höher gelegt: Ein Team um den Wiener Physikprofessor Anton Zeilinger hat den Quantenzustand eines Photons von der Kanareninsel La Palma zum benachbarten Teneriffa teleportiert - über eine Strecke von 143 Kilometern. Vor kurzem haben Zeilinger und seine Kollegen den Erfolg bereits vorab vermeldet, doch erst jetzt bekommt der Rekord durch die Veröffentlichung im Fachblatt „Nature“ eine offizielle Wirkung.
Das Interessante an solchen Entfernungen ist nicht die schiere Zahl - sondern die Tatsache, dass damit die satellitenbasierte Quantenkommunikation in Reichweite kommt. „Unser Experiment zeigt, wie reif Quantentechnologien heutzutage sind und wie nützlich sie für praktische Anwendungen sein können“, sagte Zeilinger in einer Mitteilung der Universität Wien. Ein künftiges, weltweites Quanteninternet könne quantenphysikalische Effekte nutzen, um die Kommunikation abhörsicherer zu machen und manche Berechnungen zu beschleunigen, meinen die Physiker.
Beamen mit „spukhafter Fernwirkung“- Bei der Quantenteleportation wird streng genommen nichts teleportiert, stattdessen werden Informationen - etwa der Spin oder die Polarisation eines Photons - praktisch verzögerungsfrei von einem Ort zum anderen geschickt. Das gelingt mit Hilfe eines Effekts namens Quantenverschränkung. Dabei werden zwei Photonen so miteinander verschmolzen, dass sie einen gemeinsamen Quantenzustand bilden. Der gemeinsame Zustand bleibt bestehen - egal, wie weit die Teilchen voneinander entfernt sind und ohne dass ein messbares Signal zwischen ihnen ausgetauscht wird. Albert Einstein hat den Effekt einst als „spukhafte Fernwirkung“ verspottet.
Eines der beiden verschränkten Lichtteilchen schickten die Physiker von La Palma nach Teneriffa. Das war ihnen 2007 bereits gelungen; damals hatten sie mit dem System jedoch noch keine Informationen übertragen. Das erreichten sie über diese Entfernung erstmals mit dem neuen Versuch.
Und das geht so: Das beim Sender verbliebene Photon des verschränkten Systems wird mit einem weiteren, dritten Lichtteilchen verschränkt. Dessen Quantenzustand ist die Information, die übertragen werden soll. Bei der Verschränkung löst sich der Quantenzustand des dritten Photons auf, wird aber zugleich auf das entfernte Lichtteilchen auf Teneriffa übertragen, das noch immer mit seinem Partner auf La Palma verschränkt ist. Das entfernte Lichtteilchen wird damit zu einer exakten Kopie des dritten, informationstragenden Photons.