Salz könnte die Heiztechnik revolutionieren
Baku, den 10. Dezember (AZERTAG). Bestimmte Salze setzen bei Wasserzufuhr Wärme frei und geben bei Wärmezufuhr Wasser ab - das macht sie zu verlustfreien Speichern mit Energieeinspareffekt. Bald gibt es ersten Heizungs-Prototypen.
Routiniert füllt Thomas Schmidt einige Gramm eines weißen Salzes in einen Glaskolben. In den kleinen Haufen platziert er ein Laborthermometer und füllt behutsam einige Milliliter Wasser auf. Kaum gerät das Wasser mit dem Salz in Berührung, beginnt die Quecksilbersäule rasant zu steigen.
Während im Labor eine normale Raumtemperatur von 22 Grad Celsius herrscht, klettert die Säule innerhalb von nur zehn Sekunden immer weiter - bis auf über 100 Grad Celsius. Beim Lösen des Salzes entstehen Ionen, die sich mit einer Hülle aus Wassermolekülen umgeben. Chemiker sprechen von Hydratation.
Bei bestimmten Salzen wird dabei Wärme in erheblicher Menge frei. „Dieser simple Vorgang ist der Schlüssel zu einem effektiven Wärmespeicher - denn wir können durch Zuführung von Wärme die Reaktion wieder umdrehen“, erklärt Schmidt.
Der Chemiker ist Koordinator des Projektes „Thermische Batterie“ der Leuphana Universität Lüneburg, die in diesem europäischen Vorhaben eng mit dem französischen Nationalforschungsinstitut CNRS (Centre national de la recherche scientifique) und der Universität Lyon zusammenarbeitet.
Energiewende ist auf Wärmespeicherung angewiesen-Das Grundprinzip der thermischen Batterie ist die bedarfsgerechte Speicherung und Freisetzung von Wärme. Als Speichermedium dienen dabei anorganische Salze. Sie geben bei Wärmezufuhr Wasser ab und setzen bei Wasserzufuhr Wärme frei.
Die physikalische Trennung von Wasser und Salz ermöglicht eine nahezu verlustfreie Speicherung von Wärme über Stunden, Tage oder sogar Jahre. Fehlende Speicher sind immer noch die Achillesferse der Energiewende.
Da Sonne und Wind nicht durchgehend verfügbar sind, müssten sie für eine Überbrückung sorgen. Wärme ist eine bedeutende, in der Öffentlichkeit oft unterschätzte Energieform.
Dabei hat sie mit einem Anteil von etwa 66 Prozent des Nutzenergiebedarfs eine herausragende Bedeutung in Deutschland und anderen Ländern in der gemäßigten Klimazone.
Flexibilität und Unabhängigkeit sind wichtig-Gebraucht wird sie insbesondere für die Raumheizung, Warmwasserbereitstellung und Prozesswärme. Doppelt so viel fällt allerdings als nicht genutzte Abwärme an, wie sie beispielsweise bei der Stromerzeugung entsteht. Ließe sich Wärme speichern und transportieren, wäre ein bedeutender Energieeinspareffekt möglich.
„Eine Lösung hierfür bieten kompakte Wärmespeicher, die Wärme flexibel und unabhängig verfügbar machen“, sagt Wolfgang Ruck. Er ist Leiter des Instituts für Umweltchemie in Lüneburg und arbeitet mit seinem Team an der Entwicklung eines kompakten Wärmespeichers, der speziell bei sogenannten Mikro-Blockheizkraftwerken (BHKW) zum Einsatz kommen soll.
Diese kleinen dezentralen Kraftwerke, die am Markt bereits verfügbar sind, können Ein- und Mehrfamilienhäuser mit Wärme versorgen. Der Speicher ermöglicht eine Stromproduktion, die vom Wärmebedarf weitgehend entkoppelt ist.