WELT
Schüsse am Präsidentenpalast in Madagaskar
Baku, den 18. November (AZERTAG). In Madagaskar versucht eine Gruppe von Offizieren gegen den Präsidenten zu putschen. Nahe des Sitzes von Andry Rajoelina kam es am Abend zu Schusswechseln. Die Lage ist noch unübersichtlich.
Der Machtkampf in Madagaskar spitzt sich zu: Am Abend kam es in der Nähe des Präsidentenpalastes in der Hauptstadt Antananarivo zu Schusswechseln. Näheres wurde zunächst nicht bekannt. Präsident Andry Rajoelina hat zuvor den Putschversuch für gescheitert erklärt und betont, er werde nicht zurücktreten. In Madagaskar wurde am Mittwoch über eine neue Verfassung abgestimmt.
Am Morgen hatte ein Armeegeneral die Auflösung der Regierung verkündet. "Ab sofort sind alle Institutionen aufgelöst und ein Militärkomitee übernimmt die Führung des Landes", sagte Noel Rakotonandrasana auf einem Armeestützpunkt in der Nähe der Hauptstadt Antananarivo. Der General wurde bei seiner Erklärung von etwa 20 Offizieren umringt. Allerdings blieb diese Erklärung zunächst ohne Auswirkung.
Regierungschef Camille Vital sagte, es werde eine Lösung "zur Beruhigung der Lage" gesucht. "Sie sind in ihrem Stützpunkt und es sind auch nur 18. Man sollte niemanden unterschätzen, aber unser Ziel ist der ruhige Ablauf des Referendums." Mit dem Votum sollte eigentlich die seit mehr als eineinhalb Jahren anhaltende Staatskrise in dem Inselstaat im Indischen Ozean beendet werden.
Der Verfassungsentwurf wurde von der Opposition heftig kritisiert, da das Mindestalter für einen Präsidentschaftskandidaten von 40 auf 35 Jahre gesenkt wird - und dem 36-jährigen Rajoelina somit eine Kandidatur bei der für Mai geplanten Wahl eines neuen Staatschefs ermöglichen würde. Obwohl Rajoelina bisher stets beteuerte, er wolle nicht für das Amt kandieren, boykottieren die drei größten, von ehemaligen Präsidenten angeführten Oppositionsbewegungen die Abstimmung. Auch im Ausland stieß das Vorgehen des früheren Discjockeys auf Kritik. Der Ex-Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo hatte im März 2009 mit Hilfe der Armee den damaligen Präsidenten Marc Ravalomanana entmachtet und sich zum Übergangspräsidenten ausrufen lassen.
Das Verfassungsreferendum ist die erste Abstimmung in Madagaskar seit Rajoelinas Machtübernahme. Auf Grundlage einer Übereinkunft des Übergangspräsidenten mit rund hundert kleinen politische Gruppen soll Rajoelina bis zur Vereidigung des neu gewählten Präsidenten im Amt bleiben. Für Dezember waren zudem Regionalwahlen geplant, Parlamentswahlen sollten im März und die Wahl des Staatschefs dann im Mai folgen. Die neue Verfassung sähe unter anderem auch vor, die Trennung von Staat und Kirche wieder einzuführen und Englisch als Amtssprache abzuschaffen. Im ersten Artikel sollte es zudem heißen, das Fundament der Republik werde neben der "Demokratie" auch durch den "Rechtsstaat" gebildet.