WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Stickstoff als Mittel gegen Heuschrecken-Plagen
Baku, den 27. Januar (AZERTAG). Die biblische Bedrohung der Heuschrecken-Schwärme sei für Bauern in Afrika und Asien Realität. Doch jetzt haben Forscher vielleicht ein Mittel gegen die Plage gefunden.
Eine intensive Beweidung von Landflächen scheint das Auftreten von Heuschrecken-Plagen zu begünstigen. Wie Wissenschaftler aus China und den USA zeigten, bevorzugen Heuschrecken der Art Oedaleus asiaticus als Nahrungsquelle Pflanzen mit einem geringen Proteingehalt - wie sie auf stark beweideten, stickstoffarmen Böden wachsen. Mit Stickstoff-Düngung ließe sich die massenhafte Vermehrung der Heuschrecken möglicherweise verhindern, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.
Heuschrecken-Plagen sind den meisten Europäern oder Amerikanern eher als biblisches Unheil bekannt. In Teilen Afrikas und Asiens stellt das massenhafte Auftreten der Insekten aber eine reale Bedrohung für die Bevölkerung dar, weil die Schwärme die Ernte eines Jahres in kurzer Zeit vernichten können.
Experten waren ursprünglich davon ausgegangen, dass Heuschrecken am ehesten zum Schwärmen neigen, wenn ihre Nahrungsquellen versiegen oder eine schlechte Qualität besitzen. Ist zum Beispiel der Stickstoff-Gehalt - und damit der Proteingehalt - der Futterpflanzen gering, nehmen die Insekten weniger Proteine auf, die sie für ihr Wachstum und ihre Vermehrung benötigen, so die Annahme. Untersuchungen im Labor und im Freiland zeigten nun, dass zumindest bei O. asiaticus genau das Gegenteil der Fall ist.
Arianne Cease von der Arizona State University (Tempe/US-Staat Arizona) und ihre Mitarbeiter hatten zunächst Versuchsflächen in der Inneren Mongolei mit Stickstoff gedüngt, um den Stickstoff-Gehalt in den darauf wachsenden Pflanzen zu erhöhen. Die Heuschrecken, die diese Pflanzen fraßen, wuchsen anders als erwartet deutlich langsamer und vermehrten sich schlechter, viele Tiere starben.
Anschließend fütterten die Wissenschaftler Heuschrecken im Labor mit Futtersorten, die sich im Anteil von Proteinen und Kohlenhydraten unterschieden. Hatten die Heuschrecken die Wahl, wählten sie Futter, dessen Kohlenhydratanteil doppelt so hoch war wie der Protein-Gehalt.
Bekamen sie ausschließlich Futter, in dem der Protein- und Kohlenhydrat-Anteil gleich war, wuchsen die Tiere wiederum schlechter und vermehrten sich weniger stark. Die Versuche bestätigten somit das Ergebnis der Freilandversuche: Ein hoher Protein-Gehalt bei Pflanzen schadet den Heuschrecken eher. Warum dies so ist, sei noch unklar.
Weniger überraschend war für die Forscher die Beobachtung, dass sie die meisten Heuschrecken auf stark beweideten Flächen fanden. Andere Wissenschaftler hatten bereits beobachtet, dass Heuschrecken-Plagen sich vor allem auf solchen Flächen bilden. Deren Böden erodieren sehr viel stärker und verlieren so den Stickstoff, der in den oberen Bodenschichten gebunden ist.
Für die Farmer in den Steppenregionen der Inneren Mongolei bedeute eine Überweidung ihrer Weideflächen somit zweierlei, schreiben die Forscher: Sie müssten mit den Folgen der Bodenerosion sowie nachlassender Bodenqualität fertig werden - und mit der steigenden Gefahr von Heuschrecken-Plagen.