WELT
Chinesische Polizisten erschießen mehrere Tibeter
Baku, den 25. Januar (AZERTAG). Die Ausschreitungen im Südwesten Chinas eskalieren. Bei einer Demonstration eröffneten Polizisten erneut das Feuer auf protestierende Tibeter, mindestens zwei Menschen starben. Der exiltibetische Premier fordert den Westen nun zum Eingreifen auf - und verlangt ein klares Signal an Peking.
Die Gewalt gegen Tibeter in China weitet sich aus. Bei Protesten in der südchinesischen Provinz Sichuan wurden mindestens zwei Tibeter von chinesischen Polizisten erschossen. Die exiltibetische Regierung befürchtet insgesamt elf Tote seit Beginn der Unruhen am Montag. Chinas Behörden bestätigten dagegen nur zwei Tote.
Die Tibeter machen mit den Protesten auf die Unterdrückung in Klöstern und tibetischen Regionen Chinas aufmerksam. Binnen eines Jahres haben sich bereits 16 Menschen selbst in Brand gesetzt, um gegen die Zustände zu protestieren, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Die chinesischen Behörden bestätigten die tödlichen Schüsse, sprachen aber nur von einem Toten. Aufrührer hätten eine Polizeistation mit Benzinflaschen, Messern und Steinen angegriffen und 14 Polizisten verletzt.
Der exiltibetische Premier Lobsang Sangay sagte, es sei höchste Zeit einzuschreiten. Die Weltgemeinschaft dürfe nicht untätig bleiben. Der aufstrebenden wirtschaftlichen und politischen Macht China dürfe nicht erlaubt werden, „sich derart unmoralisch und gewalttätig zu benehmen“, sagte Lobsang Sangay. „Ein Schweigen der internationalen Gemeinschaft sendet China die Botschaft, dass seine repressiven und gewaltsamen Maßnahmen im Umgang mit den Spannungen in den tibetischen Gebieten akzeptabel seien.“
Die Proteste gegen die chinesische Herrschaft waren am Montag in Luhuo (tibetisch: Draggo oder Drango) ausgebrochen, nachdem Tibeter neue Selbstverbrennungen auf Flugblättern angekündigt hatten. Nach unterschiedlichen Angaben wurden dabei zwischen drei und sechs Tibeter getötet. Rund 30 weitere seien verletzt worden. Am Dienstag breiteten sich die Unruhen in der von Tibetern bewohnten Präfektur Ganzi in der Provinz Sichuan auf den Kreis Seda (tibetisch: Serthar) aus.
Nach den neuen Ausschreitungen wurde praktisch der Ausnahmezustand über Seda verhängt, wie Anwohner Radio Free Asia berichteten. Die Lage sei sehr angespannt. „Tibeter müssen zu Hause bleiben, während die chinesische Polizei auf jeden schießt, der sich auf die Straße wagt“, sagte ein Bewohner telefonisch dem US-Sender.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Entsendung internationaler Beobachter. „Die Situation in den tibetischen Regionen hat sich seit 2008 nicht verbessert, als die Spannungen in Gewalt umschlugen“, sagte Asien-Direktor Sam Zarifi. Die Klagen der Tibeter über die Einschränkung religiöser und politischer Freiheiten seien nur noch lauter geworden. Anstatt diese Probleme anzugehen, reagierten die chinesischen Behörden mit wachsender Unterdrückung. Amnesty sei besorgt über weitere Gewalt und Blutvergießen, sagte Zarifi.