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Hunde können unsere Absichten an den Augen ablesen
Baku, den 6. Januar (AZERTAG). Neue Tests mit Hunden zeigen: Die Tiere verstehen Sprache und Gesten ähnlich gut wie kleine Kinder. Ihre Intelligenz ist damit größer als bisher angenommen.
„Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Das sagte Loriot, und es zeigt, wie groß die Liebe des Menschen zum Hund ist. Nicht ganz ohne Grund, denn sie erweisen sich nicht nur als ideale Kumpanen, bei Spaziergängen und auf dem Sofa. Sie sind viel intelligenter, als bislang gedacht.
Das erkennen auch immer mehr Wissenschaftler und glauben, dass das ungewöhnliche Können der Hunde, unser soziales und kommunikatives Verhalten zu verstehen, sogar dem unserer nahesten Vorfahren, den Affen, überlegen ist.
Hunde können nicht nur auf menschliche Gesten reagieren, sondern lesen sogar aus unseren Augenbewegungen, was wir beabsichtigen. Dies beweist eine neue Studie aus „Current Biology“.
Laut József Topál, Forscher der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, ähnelt die Fähigkeit von Hunden, menschliche Kommunikationssignale zu verstehen, der von sechs Monate bis zwei Jahre alten Kindern. Kein Wunder also, dass viele Menschen ihre Hunde so gern haben wie ihre Kinder.
Topál und seine Kollegen kommen auch zu dem Schluss, dass Hunde genauso sensibel auf kommunikative Hinweise des Menschen reagieren wie Kleinkinder. Direkte Ansprache, aber auch Augenkontakt seien solche Signale, schreibt Topál. Jedoch ist es noch unklar, ob das Gehirn von Kind und Hund solche Signale ähnlich verarbeitet.
Topáls Forschungsteam benutzt eine Methode, die auch in Kleinkinderstudien oft verwendet wird: Den Hunden wurden Videoaufnahmen präsentiert, in denen eine Person zu einem von zwei identischen Objekten blickt.
Ein „Augen-Tracker“ erfasst währenddessen die Reaktion der Hunde. Zunächst schaute die Versuchsperson den Hund direkt an und sagte laut: „Hi Dog!“ Im zweiten Video mied die Person den Augenkontakt und flüstert nur noch „Hi Dog“.
Bei der Auswertung des Hundeverhaltens zeigte sich, dass Hunde eher ein Objekt anschauen, nachdem die Person sie vorher angesprochen und ihre Aufmerksamkeit erregt hat. Sie wissen dann, dass der Mensch die Absicht hat, ihnen etwas zu zeigen.
„Die Beobachtung der Augenbewegungen der Hunde erlaubt uns zu verstehen, wie sie denken“, sagt Topál. „Es ist der erste Beweis, dass wir Augenbewegungsmethoden benutzen können, um das soziale Verhalten von Hunden zu erforschen.“ Die Vierbeiner sind also so intelligent, die Absichten von Menschen zu verstehen.
Man verstecke eine Belohnung, wie zum Beispiel Futter oder ein Spielzeug, in einem von mehreren Behältern. Durch Zeigegesten weist man dann das Subjekt auf das Versteck hin. Ein einjähriges Kind löst diese Aufgabe natürlich mit links. Schimpansen aber scheitern hoffnungslos.
Hunde hingegen sind im gleichen Experiment erstaunlich flexibel. Sie verstehen den referentiellen Charakter der Zeigegeste. Wie kommt das? Hare und Tomasello erklären das mit ihrer Domestikation. Die Kommunikationsabsicht der Menschen „lesen“ zu können, entwickelte sich ihrer Meinung nach als ein Nebenprodukt der Haustierwerdung.
Es sei eine besondere soziale Anpassung, die sich über eine lange Zeit hinweg entwickelt hat. Hunde waren auch früher schon wertvolle Gefährten bei der Jagd oder als Hütehund, und seit Jahrtausenden arbeiten die Menschen mit den domestizierten Abkömmlingen der Wölfe.