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Tierwanderungen tragen zu maritimen Todeszonen bei
Baku, den 10. Juni (AZERTAG). Ob Krill, Plankton oder Fischlarven: Unzählige Meerestiere tauchen täglich aus den oberen Schichten des Meeres in die Tiefe hinab. Forschern zufolge verringert dies den Sauerstoffgehalt in der Tiefsee.
Morgens runter - abends rauf.Täglich tauchen zahllose Kleintiere wie Krill, Zooplankton oder Fischlarven aus den obersten Schichten des Meeres in die Tiefe - vermutlich um Räubern zu entgehen. Erst abends steigen sie wieder nach oben, wo sie sich von den tagsüber im Licht gewachsenen Algen ernähren.
Diese vertikalen Wanderungen tragen selbst maßgeblich zu den Sauerstoffminimumzonen (SMZ) bei, wie amerikanische Wissenschaftler in der Zeitschrift „Nature Geoscience“ berichten.
Sauerstoffminimumzonen im Meer entstehen dadurch, dass organisches Material wie Algenteile in die Tiefe sinkt und dort von Bakterien zersetzt wird, die dabei Sauerstoff verbrauchen. Die größten solchen Gebiete liegen in tropischen Regionen etwa vor der Küste von Peru, vor der arabischen Halbinsel oder vor Namibia.
Schallreflexionen verraten Tierwanderungen - Forscher um Daniele Bianchi von der McGill University in Montreal werteten nun Daten von fast 400 Schiffsfahrten zwischen 1990 bis 2011 aus, bei denen Forscher Schallreflexionen in Ozeanen aufzeichneten. Diese können nicht nur Aufschluss geben über Meeresströmungen, sondern auch über Bewegungen von Meerestieren.
Wie die Forscher berichten, tauchen kleine Meerestiere morgens ab und kehren erst abends wieder zurück. Dabei wandern sie an die oberen Ränder der Sauerstoffminimumzonen, zum Teil bis 650 Meter tief.
Das bietet ihnen zwei Vorteile: Im Schutz der Dunkelheit sind sie vor vielen Räubern sicher. Zudem können diese Fressfeinde, die durch ihre Größe mehr Sauerstoff brauchen, am Rand der Minimumzonen kaum atmen.
Reise zum oberen Rand der Minimumzonen - Wie die Studie zeigt, tragen die tauchenden Tiermassen jedoch durch ihre Wanderungen selbst substanziell zu diesen Todeszonen bei. Denn sie verbrauchen ebenfalls Sauerstoff und scheiden Abfallprodukte aus, die wiederum von Bakterien zersetzt werden.
„Unsere Resultate zeigen eine Verbindung zwischen wandernden Meerestieren und der Sauerstoffverteilung im Ozean“, schreiben die Forscher.
„Die Studie erklärt das stabile Muster der Sauerstoffminimumzonen und zeigt, dass ökologische Prozesse sich auf den chemischen Zustand der Meere auswirken“, sagt Prof. Andreas Oschlies vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.
„Beides sieht man bisher noch stark getrennt voneinander.“ Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Ausdehnung der Zonen besser zu verstehen.
Allerdings, so der Experte, könnte das Absinken den Tieren auch noch weitere Vorteile bieten. Gerade in den tropischen Gewässern könnten sie durch das Absinken in kälteres Wasser ihren Stoffwechsel drosseln und so Energie sparen.