WELT
Unterirdische Kathedralen sammeln Regenfluten
Baku, den 21. September (AZERTAG). Taifun „Roke“ flutet Japans Städte. Gewaltige Regenmengen stürzen vom Himmel, Menschen waten durch knietiefes Wasser. Doch Tokio ist vorbereitet: Tief unter der Erde sammeln 65 Meter hohe Hallen die Wassermassen, riesige Pumpen leiten sie in den Ozean.
„Roke“ ist der 15. Taifun der Saison und die Behörden stufen ihn als „äußerst heftig“ ein. Mehrere Menschen sind bereits gestorben, der Sturm zieht weiter die Küste entlang nach Norden. Sturmböen von mehr als 200 Kilometern pro Stunde peitschen Bäume um und wirbeln Trümmer umher. Die riesige Meeresbrandung setzt Küstenregionen unter Wasser. Der Fernsehsender NHK berichtete, im ganzen Land seien 520.000 Haushalte ohne Strom. Hinzu kommt ein Sturzregen, der ganze Stadtteile unter Wasser setzt. In Hamamatsu fielen innerhalb einer Stunde 54 Liter Regen pro Quadratmeter. Fernsehbilder zeigten, wie die Menschen in Nagoya, rund 270 Kilometer westlich von Tokio, durch knietiefes Wasser wateten. Einige Bewohner mussten mit Schlauchbooten aus ihren Häusern geholt werden.
Tokio hat sich auf die Wassermassen vorbereitet: Kniehohe Betondämme blockieren die Eingänge zu U-Bahnen und Parkhäusern. Doch der wahre Trumpf gegen die Fluten verbirgt sich 50 Meter tief unter der Großstadt: Riesige Kathedralen, getragen von insgesamt 59 mächtigen Säulen, sollen die Fluten auffangen. Während der Trockenzeit locken die beeindruckenden Betonhallen Touristen an. Jetzt, in der Taifunsaison, sollen sie Tokio vor Schlimmerem bewahren: Zehn Meter dicke Rohre leiten die Regenmassen in fünf riesige Betonkübel unter der Erde mit 65 Metern Höhe und 32 Meter Breite.
Es ist das größte Drainagesystem der Welt. 60 Kilometer Tunnel verbinden die unterirdischen Hallen, in denen sich das Wasser aus Straßen und Flüssen in diesen Stunden nun zu sammeln beginnt. Der Taifunregen kann aber selbst diese gewaltigen Räume schnell füllen. Pumpen mit einer Gesamtleistung von mehr als 13.500 PS schwemmen die Fluten deshalb aus den Betonhallen in den Fluss Edogawa, der in den Pazifik mündet. 200 Tonnen Wasser pro Sekunde können auf diese Weise aus der Stadt geschafft werden, erklären die japanischen Behörden.