WISSENSCHAFT UND BILDUNG
Was die Narben auf dem Mars erzählen
Baku, den 16. April (AZERTAG). Es gab Flüsse und Seen auf dem Mars, darauf hatte sich die Wissenschaft geeinigt. Jetzt aber kommen Zweifel an bisherigen Theorien auf - nach einer Analyse kleiner Meteoritenkrater.
Der Mars war in seiner Vergangenheit möglicherweise doch nicht so feucht wie bisher vermutet. Das schließen Forscher um Edwin Kite vom California Institute of Technology aus der Analyse von Meteoritenkratern auf dem Roten Planeten. Ihre geringe Größe zeige, dass auch erstaunlich kleine Meteoriten auf der Oberfläche eingeschlagen waren. Das deute auf überraschend dünne Luft hin in der Frühzeit des Mars - sie mache es unwahrscheinlicher, dass einst flüssiges Wasser auf dem Roten Planeten geflossen sei, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature Geoscience“.
Kite und Kollegen hatten Daten von mehr als 300 Kratern in der 3,6 Milliarden Jahre alten Aeolis-Dorsa-Region auf dem Mars untersucht, die von der Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ aufgenommen worden waren. Die Größe der Einschlagkrater dokumentieren die Ausmaße der kleinsten Meteoriten, die damals noch den Marsboden erreicht haben. Daraus lässt sich die Dichte der damaligen Atmosphäre bestimmen. Je dichter die ist, desto größer sind die Brocken, die in ihr verglühen und den Boden damit nicht erreichen.
Der Analyse zufolge war die Marsatmosphäre damals ungefähr so dicht wie die Erdatmosphäre heute. Das ist zwar rund 150-mal dichter als die heutige Gashülle des Mars. Bisherige Abschätzungen gingen jedoch davon aus, dass die Atmosphäre auf dem Roten Planeten etwa fünfmal so dicht gewesen sein muss, um dauerhaft Druck und Temperatur für flüssiges Wasser zu gewährleisten. Denn der Mars ist nicht nur weiter von der Sonne entfernt als die Erde, die Sonne leuchtete damals auch noch schwächer als heute - Wasser friert in der Kälte umso eher.
Doch flüssiges Wasser? - Die Beobachtung scheint im Widerspruch zu den zahlreichen Spuren von flüssigem Wasser auf dem Mars zu stehen. Hunderte Kilometer lange Flussbetten und ausgetrocknete Seen zeugen von einer nassen fernen Vergangenheit des Roten Planeten.
Möglich sei, dass in geologischen Zeiträumen immer wieder vorübergehend flüssiges Wasser auf dem Roten Planeten existiert habe, schreibt Sanjoy Som vom Ames Research Center der US-Raumfahrtbehörde Nasa in einem Kommentar in „Nature Geoscience“.
So schwanke die Rotationsachse des Mars in einem Rhythmus von 120.000 Jahren. Auf diese Weise gelange unterschiedlich viel Sonnenlicht auf die vereisten Polkappen des Roten Planeten, die dadurch möglicherweise wiederholt aufgetaut seien. Das polare Tauwetter könne die Atmosphäre so stark angereichert haben, dass flüssiges Wasser eine Zeit lang existieren konnte.
Auch große Asteroideneinschläge könnten vorübergehend zu einer dichteren Atmosphäre geführt haben, schreibt Som. Oder aber das Wasser in den urzeitlichen Marsflüssen sei so stark salzhaltig gewesen, dass es trotz der unerwartet dünnen und damit zu kalten Atmosphäre flüssig bleiben konnte.
Sollte es stimmen, dass der Mars nicht dauerhaft über Wasser verfügt hat, dürfte es noch schwieriger sein, dort Beweise für einstiges Leben zu finden.