WELT
Wild lebende Fische entwickeln Hautkrebs
Baku, den 3. August (AZERTAG). Erstmals haben Forscher wild lebende Fische entdeckt, die an schwarzem Hautkrebs leiden. Die Krankheit der Forellenbarsche im australischen Great Barrier Reef ähnelt dem Melanom beim Menschen.
Forellenbarsche im Great Barrier Reef entwickeln Krebszellen, die durch dunkle Flecken auf ihrem gesamten Körper sichtbar werden, berichten englische und australische Forscher im Fachmagazin „PLoS One“. Vermutlich wird die Krankheit, ähnlich wie beim Menschen, durch UV-Strahlung ausgelöst.
Aufgefallen waren die Leopard-Forellenbarsche (Plectropomus leopardus) mit den seltsamen Flecken australischen Forschern zufällig, als sie eigentlich Haie im Great Barrier Reef beobachteten. Mikrobiologen vermuteten zunächst eine Pilzerkrankung. „Doch zu unserer Überraschung zeigten Gewebeanalysen, dass in den Fischen Melanozyten zu Krebszellen mutiert waren“, erzählt Michael Sweet von der Universität in Newcastle, der die Studie leitete. Melanozyten produzieren Melanin, den Farbstoff der Haut und sitzen auch in menschlichem Hautgewebe.
Mindestens 15 Prozent der Leopard-Forellenbarsche haben Hautkrebs-Sweet und seine Kollegen analysierten Gewebeproben aus zwei Forellenbarschpopulationen im Great Barrier Reef. Von den 136 untersuchten Fischen zeigten 20 Tiere dunkle Läsionen auf der Haut. Die Krankheit hatte sich auf dem Körper der Forellenbarsche unterschiedlich stark ausgebreitet. Bei einigen Fischen deckten die bösartigen Pigmentflecken fünf Prozent der Haut ab, bei anderen war fast der ganze Körper mit Krebszellen übersät.
Die Wissenschaftler fanden jedoch keine Fische, bei denen der Krebs bereits tief ins Gewebe vorgedrungen war. Das liege daran, dass extrem kranke Fische, die Metastasen etwa in Leber, Lunge oder Gehirn haben, nur wenig aktiv seien. Solche Exemplare zu fangen sei unwahrscheinlich: „Weil wir sehr kranke Tiere nicht erfassen können, leiden vermutlich sogar mehr Forellenbarsche an Hautkrebs, als die Studie zeigt.“
Falsche Partnerwahl führt möglicherweise zu Hautkrebs-Der Krebs der Fische sieht dem bösartigen schwarzen Hautkrebs des Menschen (malignes Melanom) sehr ähnlich. Solche Geschwüre erzeugen Forscher im Labor schon länger in Fischen. Dazu kreuzen sie verschiedene Spezies und bestrahlen sie mit UV-Licht. Dass diese Fische Hautkrebs entwickeln, liege daran, dass bei der Kreuzung sogenannte Tumorsupressorgene aus dem Erbgut der Fische verschwinden. UV-Strahlung regt dann ein unkontrolliertes Wachstum der Melanozyten an: Krebs entsteht.
Auch in der Natur können Tumorsupressorgene aus dem Erbgut verschwinden, wenn sich Exemplare verschiedener Spezies fortpflanzen. Von Leopard-Forellenbarschen weiß man, dass sie sich auch mit Kinnstreifen-Forellenbarschen oder Sattel-Forellenbarschen paaren. Sollten dabei tatsächlich Tumorsupressorgene verloren gehen, wäre das eine Erklärung, warum die Fische so sensibel auf UV-Licht reagieren. „Ob in den Forellenbarschen tatsächlich die gleichen Gene die Krebsentstehung steuern, wie bei den Fischen im Labor und im Menschen, wollen wir in weiteren Studien untersuchen“, sagt Sweet. „Forschungsgelder haben wir bereits beantragt.“
Auch andere Meeresbewohner reagieren empfindlich auf UV-Strahlung-„Da wir andere Ursachen wie Infektionen und Wasserverschmutzung bereits ausschließen können, scheint UV-Strahlung mit großer Wahrscheinlichkeit der Grund für die Krebs-Entstehung zu sein“, sagt Sweet. Dafür spreche auch, dass das Great Barrier Reef unter dem weltweit größten Ozonloch liegt. Alle untersuchten Fische wurden in nicht einmal 20 Meter tiefem, klarem Wasser gefangen. Schädliche UV-B Strahlung dringt problemlos bis dorthin vor.
Forellenbarsche wären nicht die einzigen Meerestiere, die empfindlich auf UV-Strahlung reagieren. Junge Hammerhaie etwa, können sich bräunen. Sind ihre Melanozyten Sonnenlicht ausgesetzt, produzieren sie große Mengen Farbstoff. Die Hautfarbe der Haie ändert sich von braun zu schwarz. Auch Albinos, etwa weiße Orcas oder Alligatoren, können einen Sonnenbrand bekommen. Hautkrebs fand man in diesen Arten bislang aber nicht.