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Klimawandel: Dünnere Luft im Orbit lässt weniger Raum für Satelliten VIDEO

Baku, 11. März, AZERTAC
Der Klimawandel hat einer Studie zufolge einen Einfluss auf die Anzahl der Satelliten, die mit tragbarem Risiko um die Erde kreisen können. Die Dichte der höheren Atmosphäre verringere sich mit zunehmendem Anteil an Kohlendioxid (CO₂), dort könne dann weniger Weltraumschrott verglühen, berichten Forschende. Der Weltraumschrott wiederum gefährde den Betrieb von Satelliten.
Ein Team um William Parker vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) untersuchte den Zusammenhang im Computermodell. Bei weiterhin sehr hohen Treibhausgasemissionen könnte der Erdorbit demnach bis zum Jahr 2100 66 Prozent weniger Satelliten aufnehmen, als heute theoretisch denkbar wären, schreiben die Forschenden im Fachjournal „Nature Sustainability“. Diese Zahl gilt für Höhen von 200 bis 1000 Kilometer. In der Höhe von 400 bis 1000 Kilometer, die heute überwiegend genutzt wird, würde der Rückgang sogar 82 Prozent betragen.
So schnell würde es trotzdem nicht eng werden im All: 148.000 Satelliten könnten weiterhin sicher betrieben werden. Zum Vergleich: Die Firma SpaceX hat für ihr großes Starlink-Netzwerk insgesamt rund 30.000 Satelliten eingeplant.
Kühlender Effekt in großer Höhe - Während CO₂ in der unteren Atmosphäre Luft erwärmt, hat es in höheren Schichten eine kühlende Wirkung. In der sogenannten Mesosphäre und Thermosphäre sorgt CO₂ dafür, dass ein Teil der vorhandenen Wärme als Infrarotstrahlung ins Weltall abgestrahlt wird.
Mehr CO₂ in der unteren Thermosphäre führt zu einer stärkeren Kühlung. Die Thermosphäre zieht sich dabei zusammen und verlagert sich stärker in Richtung Erdoberfläche. Ein Objekt über dem verdichteten Teil der Thermosphäre, beispielsweise in 300 Kilometer Höhe, fliegt dann in dünnerer Luft.
Die Thermosphäre beginnt in etwa 80 Kilometer Höhe und reicht in eine Höhe von etwa 500 Kilometer, wie AZERTAC unter Berufung auf Spiegel berichtete. Die meisten Satelliten fliegen in Höhen von 200 bis 1000 Kilometer um die Erde; die internationale Raumstation ISS hat eine Bahnhöhe von etwa 400 Kilometer.
„Eine abnehmende Dichte verringert den Luftwiderstand von Trümmern und verlängert ihre Lebensdauer im Orbit, was eine ständige Kollisionsgefahr mit Satelliten darstellt“, schreiben die Studienautoren. Stoße Weltraumschrott mit Satelliten zusammen, könnten zudem immer neue Trümmer entstehen, eine Kaskade komme in Gang.
Nach Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa gibt es im Erdorbit mehr als 100 Millionen Trümmerteile, die größer als einen Millimeter sind, rund 25.000 Teile davon haben eine Größe von mehr als zehn Zentimetern.
Die Dichte nimmt bereits messbar ab - Eine wichtige Rolle in der Modellrechnung spielte auch die Sonnenaktivität. Sie unterliegt einem elfjährigen Zyklus. Bei einem Höchststand der Sonnenaktivität erreicht erheblich mehr energiereiche Strahlung die obere Atmosphäre als bei einem Sonnenminimum. Beim Sonnenmaximum dehnt sich die Thermosphäre aus, beim Minimum zieht sie sich zusammen.
Die Studienergebnisse des Teams um Parker seien glaubwürdig, kommentiert Ingrid Cnossen, die am British Antarctic Survey in Cambridge zur oberen Atmosphäre forscht . „In der Forschungsgemeinschaft ist es weitgehend anerkannt, dass erhöhte Treibhausgaskonzentrationen die obere Atmosphäre abkühlen und dazu führen, dass sie sich zusammenzieht“, so Cnossen. Beobachtungen zeigten, dass diese langfristige Abnahme in den vergangenen etwa 50 Jahren in Höhen zwischen 250 und 575 Kilometer bereits stattgefunden habe.